Stufenfreier Zugang, passende Räumlichkeiten, einfache Schilder und Informationen, ein Leitsystem für Blinde: Nur maximal ein Viertel aller Arztpraxen in Deutschland ist ganz barrierefrei. Viele bauen nur Hürden in einzelnen Bereichen ab. Insgesamt ist das deutsche Gesundheitssystem nicht inklusiv genug.
Vor dem Krisengipfel von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zur Lage der Hausärzt*innen (siehe Seite 5) forderte der SoVD Verbesserungen für Senior*innen und andere Gruppen. Nötig sei bei der Praxen-Planung auch, dass die Versorgung barrierefrei sei, betonte SoVD-Vorstandsvorsitzende Michaela Engelmeier, „vor allem auch für die Belange von älteren und behinderten Menschen sowie von Familien mit Kindern“. Treppen erschweren nicht nur mit Rolli und Gehhilfe den Zutritt, sondern auch mit dem Kinderwagen. Und Praxisräume bergen für viele Menschen weitere Hürden – etwa optisch, akustisch oder beim Verstehen von Informationen.
An Menschen mit Handicap, Ältere und Familien denken
Der SoVD fordert schon lange: Praxen und das ganze Gesundheitssystem müssen inklusiv sein. Die immer älter werdende Gesellschaft macht das aus Verbandssicht noch dringlicher.
Das unterstrich kürzlich auch der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch: „80 Prozent der Behinderten in Deutschland sind betagte oder hochbetagte Menschen.“ Appelle allein reichten nicht. „Deshalb müssen die Verträge mit den niedergelassenen Kassenärzten nachgeschärft werden. Binnen der nächsten fünf Jahre gilt es, hier den barrierefreien Zugang zu garantieren“, sagte Brysch laut dpa.
Den geringen Teil barrierefreier Praxen kritisierte ebenso der Bundesbehindertenbeauftragte Jürgen Dusel. „Wir haben, das ist meine Wahrnehmung, weniger als zehn gynäkologische Praxen in ganz Deutschland, die für Frauen im Rollstuhl zugänglich sind“, sagte er. Das könne nicht der Anspruch an ein modernes Gesundheitssystem sein. Wenn Menschen mit Behinderungen in die gesetzliche Krankenversicherung einzahlen, hätten sie die gleichen Rechte auf freie Wahl ihrer Ärzt*innen und Versorgung wie alle anderen.
Modern heißt: baulich und auch digital barrierefrei
Wie der SoVD und Brysch verwies Dusel auf den Demografiewandel und mahnte, Barrierefreiheit mehr mitzudenken und auszubauen. Das heiße, die bauliche und auch die digitale Infrastruktur so zu planen, dass alle sie nutzen können. Als Beispiele nannte er Internetseiten, auf denen man Lebensmittel bestellen oder Arzttermine machen kann. Hier seien manche etwa auf Gebärden- oder Leichte Sprache angewiesen.
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