Rechtzeitig tätig werden. Mit der Vorsorgevollmacht
Das Schicksal kann jeden treffen. Aufgrund einer Erkrankung oder eines Unfalls können wir alle in die Lage geraten, nicht mehr für uns selbst sprechen zu können. Neben der wichtigen Patientenverfügung ist es deswegen ratsam, eine Vorsorgevollmacht zu verfassen.
Grundsätzlich regelt die Vorsorgevollmacht, wer an Ihrer Stelle Entscheidungen treffen kann – für den Fall, dass Sie selbst es aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr können. Das kann beispielsweise die Frage sein, ob eine Operation durchgeführt werden soll. Andere Fragen aus der Praxis sind: Soll der Patient in ein anderes Krankenhaus verlegt werden? Oder, wenn es keinen Organspende-Ausweis gibt: Sollen zu einem bestimmten Zeitpunkt Organe des Patienten für andere Menschen zur Verfügung gestellt werden. Selbst wenn es eine Patientenverfügung gibt, können wichtige Fragen offen bleiben. Irgend jemand muss sie beantworten.
Zehn Fragen und Antworten zur Vorsorgevollmacht
Das sind gute Gründe für eine Vorsorgevollmacht. Aber wie gehen Sie es an? Im Internet kursieren unzählige Anleitungen und Vordrucke. Wir verweisen auf das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, dessen Vordruck Sie hier herunterladen können. Alternativ legen wir Ihnen die Broschüre des Sozialverbands zur Vorsorgevollmacht ans Herz. Auch hierin finden Sie einen Vordruck.
Für all diejenigen, die einen schnellen Überblick zur Vorsorgevollmacht wünschen, haben wir an dieser Stellen einen Fragen-und-Antworten-Katalog erstellt. Die zehn wichtigsten Punkte lauten:
1. Stimmt es nicht, dass meine Frau bzw. mein Mann oder meine Kinder im Zweifelsfall für mich entscheiden können?
Eben nicht. Zwar hört man immer wieder solche Berichte, nach denen im Krankenhaus oder Pflegeheim keine Vorsorgevollmacht vorgezeigt werden musste. Wenn sich Ärzte und Pflegepersonal jedoch ans Gesetz halten, dann können auch enge Verwandte ohne Vollmacht nichts entscheiden. Aus diesem Grund empfehlen wir Ihnen ganz klar, eine Vorsorgevollmacht zu verfassen.
2. Muss ich die Vorsorgevollmacht beim Notar beurkunden lassen?
Nicht unbedingt. Sollten Sie wünschen, dass die Vorsorgevollmacht „nur“ für Entscheidungen über Leib und Leben angewandt werden soll, ist ein Notar nicht notwendig. Im wirklichen Leben ist es aber meist komplizierter: Wird ein Mensch aus gesundheitlichen Gründen handlungsunfähig und kann nicht mehr für sich selbst sprechen, hängen auch viele andere Entscheidungen in der Luft. Wer kümmert sich beispielsweise darum, eine Immobilie zu veräußern, wenn die betroffene Person langfristig pflegebedürftig wird und das Geld aus dem Verkauf für die Pflegekosten benötigt wird? Sollen Bevollmächtigte solche und ähnliche Entscheidungen für Sie treffen können, muss das Dokument beim Notar beurkundet werden.
3. Wo muss ich die Vorsorgevollmacht aufbewahren?
Wesentlich bei dieser Frage ist, dass die entscheidenden Personen im Notfall wissen, dass es eine Vorsorgevollmacht gibt und wo sich diese befindet. Viele Menschen führen zu Hause einen Ordner mit wichtigen Unterlagen. Das garantiert jedoch nicht immer, dass nach einem Notfall im Krankenhaus bekannt ist, dass eine Vollmacht existiert. Eine Möglichkeit, dies sicherzustellen, ist das Mitführen einer Karte in der Geldbörse. Viele Notfallausweise etwa beinhalten diesen Punkt. So können Rettungssanitäter im Einsatz gleich sehen, dass es eine Vollmacht gibt und welche Person bzw. Personen verständigt werden sollen.
4. Kann ich mehrere Personen bevollmächtigen?
Das können Sie, und es ist auch empfehlenswert. Nicht immer ist die Person, die Sie auserkoren haben, zur Stelle, wenn es einmal schnell gehen muss. Uns sind auch Fälle bekannt, in denen die auserwählten Bevollmächtigten plötzlich nicht mehr entscheiden wollten. Aus diesem Grund ist es ratsam – wenn möglich – mehrere Personen mit einer Vollmacht auszustatten.
5. Was muss ich beachten, wenn mehrere Personen eine Vorsorgevollmacht haben?
Diese Frage ist individuell sehr verschieden und vielleicht der komplexeste Teil rund um die Vorsorgevollmacht. Bedenken Sie immer: Alles was Sie machen, soll dafür sorgen, dass im Ernstfall Ihr Wille umgesetzt wird. Dafür haben Sie eine Patientenverfügung geschrieben und eine oder mehrere Personen mit einer Vollmacht bedacht. Wenn verschiedene Menschen bei Entscheidungen mitreden können, kommt am Ende aber nicht immer das raus, was vorgesehen war. Deshalb kann es ratsam sein, eine Rangfolge in die Vollmacht aufzunehmen.
Zum Beispiel könnten Sie schreiben, dass zunächst Ihre Tochter, anschließend der Sohn und zuletzt ein bestimmtes Enkelkind entscheiden kann. Wenn die erste Person nicht kann oder nicht will, geht die Entscheidung auf die nächste Person in der Rangfolge über. Damit schließen Sie zwar nicht komplett aus, dass es zum Streit kommen kann, aber Sie regeln, wer im Fall des Konflikts das letzte Wort hat. Vergessen Sie nicht, mit allen Beteiligten das Gespräch zu suchen – am besten auch mit nahen Verwandten, die Sie nicht in der Vollmacht bedenken möchten.
6. Was muss ich mit meinen Bevollmächtigten besprechen?
Alles rund um das Thema Tod und Erkrankung. Selbstverständlich auch verwandte Themen, wie die Regelung der Finanzen, wenn Sie es selbst nicht mehr können. Dies ist einer der Punkte, der in der Praxis bei vielen Menschen zu kurz kommt. „Man spricht nicht über Geld.“Auch über den eigenen Tod bzw. den Weg dorthin möchte man nicht gern nachdenken – schon gar nicht mit anderen Menschen besprechen. Wenn jedoch eine Situation eintritt, in der Sie sich selbst nicht mehr äußern können, ist es zu spät. Suchen Sie daher das Gespräch mit Ihren Angehörigen und weiteren Vertrauenspersonen.
7. Gibt es verschiedene Arten von Vollmachten?
Die meisten Menschen nutzen die sogenannte Generalvollmacht. Mit dieser können Vertrauenspersonen fast alles regeln. Daneben haben Sie die Möglichkeit, Vollmachten für bestimmte Bereiche (Spezialvollmachten) auszustellen. Sie könnten etwa eine Person mit der Regelung Ihrer Finanzen betrauen, während andere Angehörige den gesundheitlichen Aspekt im Blick haben. Darüber hinaus gibt es noch die Betreuungsverfügung. Sie kommt erst dann zum Einsatz, wenn ein Richter eine Person bestimmen muss, die eine Entscheidung treffen soll (siehe unten).
8. Wem kann ich meine Vollmacht geben?
Eine Vorsorgevollmacht ist nicht auf Familienangehörige beschränkt. Sie können jede beliebige Person auswählen, der Sie vertrauen.
9. Was passiert wenn es keine Vollmacht gibt? Wer entscheidet dann?
Können Sie sich nicht mehr äußern, wird zunächst nach der Patientenverfügung gefragt. Gibt es keine oder bestehen weiterhin Fragen, die geklärt werden müssen, kommen die bevollmächtigten Personen ins Spiel. Wenn Sie keine Vorsorgevollmacht haben bzw. Ihre Vertrauenspersonen die Entscheidung nicht treffen können oder wollen, wird sich ein Gericht mit Ihrem Fall befassen.
Auch der Richter entscheidet nicht selbst. Vielmehr setzt er einen Betreuer ein. In vielen Fällen kommen dann Ihre nahen Angehörigen zum Zug. Aber das muss nicht so sein. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass eine völlig fremde Person über Ihr Leben bestimmen kann. Vom Gericht bestellte Betreuer sind in der Praxis oft Anwälte. Wenn Sie das nicht wollen, empfehlen wir Ihnen ganz klar: Verfassen Sie eine Vorsorgevollmacht!
10. Wo kann ich mich bei Fragen zur Vorsorgevollmacht beraten lassen?
In guten Händen sind Sie bei den Betreuungsvereinen, die es in verschiedenen Städten und Gemeinden Schleswig-Holsteins gibt. Wenn Sie eine notarielle Beurkundung für Ihre Vorsorgevollmacht benötigen, können Sie sich auch direkt beim Notar beraten lassen.
Der Sozialverband in Schleswig-Holstein ist laut Satzung nicht dazu berechtigt, Sie individuell zu beraten. Wir informieren Sie jedoch gern allgemein über die Themen Vorsorgevollmacht, Patientenverfügung und Betreuungsverfügung. In einem etwa einstündigen Vortrag klären wir die wichtigsten Fragen, so dass Sie im Anschluss mit den entsprechenden Vordrucken selbst aktiv werden können. Unser Vortrag ist kostenlos und richtet sich an Vereine, Unternehmen oder Arbeitsgemeinschaften in Schleswig-Holstein. Bei Interesse melden Sie sich bitte bei:
Christian Schultz
Referent für Sozialpolitik
Telefon: 0431 / 98 388 – 70
Mail: sozialpolitik(at)sovd-sh.de
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Kommentare (5)
Susanne Pfeiffer
am 04.03.2021Das ist mal ein gut recherchierter Artikel zu diesem sensiblen Thema. Schön. Und Danke!
In der Betreuungsbehörde - da arbeite ich - ist es unser Ziel, rechtliche Betreuungen zu vermeiden. Und wenn das nicht geht, erstellen wir Sozialberichte für die Betreuungsgerichte und finden die hoffentlich passende Betreuungsperson. Am allerliebsten beglaubigen wir Unterschriften von Vollmachtgebern, die sich bei den Betreuungsvereinen haben beraten lassen. Diese Zusammenarbeit funktioniert sehr gut. Ich kann nur jede und jeden ermutigen (ja, aufrufen), sich frühzeitig um ein die eigene rechtliche Vertretung für den Fall der Fälle zu kümmern.
M. Scheffler
am 23.04.2020Danke für die Ausführung, das Eltern im Verhältnis zu ihren Kindern gesetzliche Vertreter sind, aber nicht anders herum. Ich und meine Frau haben entschieden, uns gegenseitig eine Vorsorgevollmacht zu geben und unseren Kindern. Wie das im Einzelnen aussieht, besprechen wir bald mit einem Rechtsanwalt.
Tina Krause
am 03.11.2017Ein sehr erhellender Artikel. Ein Notar ist einfach durch nichts zu ersetzen. Ich hatte damals genau dafür auch einen Notar beauftragt.
Sandra Müller
am 03.11.2017Ein sehr erhellender Artikel. Ein Notar ist einfach durch nichts zu ersetzen. Ich hatte damals genau dafür auch einen Notar beauftragt.
Sandra Müller
am 02.11.2017Hallo und vielen Dank für den interessanten Artikel. Wenn ich es richtig verstehe, ist es also besser die Vorsorgevollmacht von einem Notar. Vermutlich ist man in diesen Fällen bei einem Fachmann auf der sicheren Seite.
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