Kein Wunder, dass die Forderungen nach einem bedingungslosen Grundeinkommen (BGE) an Zustimmung in Öffentlichkeit und Bevölkerung gewinnen. Dabei könnten die jetzigen Promotoren kaum unterschiedlicher sein. Die Partei Die Linke fordert ein „emanzipatorisches“ BGE für alle – in einer Höhe, die Existenz und gesellschaftliche Teilhabe sichert. Damit wollen sie auch die Regelungen von Hartz IV mit der Bedürftigkeitsprüfung und den Sanktionen außer Kraft setzen.
Mächtige Wirtschaftsbosse – seien es Joe Kaeser von Siemens oder Werner Goetz von DM – machen sich auch für das BGE stark. Allerdings wollen sie ein erheblich niedrigeres BGE und gleichzeitig einen Abbau sozialstaatlicher Leistungen, wie Krankenversicherung oder Kindergeld und natürlich Arbeitslosengeld II. Selbst eingefleischte Neoliberale wie der Ökonom Thomas Straubhaar machen sich für ein pauschales BGE stark, um den bürokratischen Hürden und natürlich Kosten des Sozialstaates zu entkommen.
Auch hier spielen die Hintergedanken des Abbaus der ungeliebten solidarischen Sozialversicherung und sonstiger Sozialleistungen – vor allem der hierbei erfolgenden sozialen Umverteilung – eine entscheidende Rolle. Damit sollen gleichzeitig die Absatz- und Gewinnmöglichkeiten der privaten Finanzbranche als Ausfallbürgen für die abgebauten Solidarsysteme gesteigert werden. Dies wird dann auch noch als „radikal gerecht“ bezeichnet.
Schon die Unterstützung des BGE aus dem Lager von Wirtschaftspotentaten und neoliberalen Ökonomen ist genug Anlass zur Skepsis und genauen Prüfung sozialer Folgewirkungen des Bedingungslosen Grundeinkommens.
Aber auch für immer mehr Bürgerinnen und Bürger steigt die Attraktivität des BGE. Sie erhoffen sich damit Befreiung von der teilweise überbordenden Bürokratie sozialversicherungsrechtlicher und sonstiger sozialstaatlicher Leistungen, den ständigen Schlachten mit Jobcentern, Sozialämtern, aber auch Trägern der Sozialversicherung. Befördert wird dies noch durch das ständige Schüren der Angst über die Vernichtung von Arbeit und Arbeitsplätzen durch die nächste Stufe der digitalen Revolution mit den Schlagworten von der Industrie oder Arbeit 4.0.
Kommentare (2)
Norbert Berentz
am 06.07.2019... das BGE ist gut und auch finanzierbar - allerdings als alleinige Maßnahme keineswegs ausreichend, die sich zuspitzenden Probleme auf dem Arbeitsmarkt zu parieren. Was wir brauchen ist gute ARBEIT FÜR ALLE !
Als alleinige Maßnahme (wie viele es wollen, auch Herr R.D. Precht) wäre das BGE in meinen Augen allerdings eine "Kapitulation der Politik" vor den 'Verhältnissen', vor der rasanten Entwicklung des technologischen Wandels.
Was Not tut ist 'Klotzen' und nicht weiter 'Kleckern', ist wirkliche 'Beschäftigungspolitik' statt Herumwerkelei mit der sog. 'Arbeitsmarktpolitik', sprich eine Halbierung der Arbeitszeit (en) ist angesagt - sei es täglich, wöchentlich oder die Lebensarbeitszeit betreffend . .. !
Und dann macht das BGE einen Sinn auch für alle arbeitenden Menschen; es dient dann nämlich auch oder vor allem dem Sozialen Ausgleich der Einkommensverluste bei halbierten Arbeitszeiten, auch im Alter bei verminderter Rente. Das wäre dann mal eine wirkliche REFORM, von der alle Arbeitnehmer und (Früh-) Rentner profitierten, eine echte Steigerung der Lebensqualität.
Und wer nicht arbeitet soll es natürlich auch bekommen, das BGE (weil der Mensch ein Mensch ist, mit Würde !) ...
... Also, nur Mut zum "Klotzen", gekleckert wird nachher (bei der Umsetzung) sowieso, wenn sich an den Mehrheits- und Machtverhältnissen im Lande nichts ändert.
Und wenn alles so weiterlaufen sollte (pessimistischerweise wie auch bei Richard David PRECHT), ja dann kommt tatsächlich der politische Offenbarungseid mit dem "BGE" (auf Minimal-Niveau) der "finalen" neoliberalen Reform ... andere bzw. weitere "Sozialpolitik" könnt ihr euch danach abschminken - wir haben ja das "BGE" ...
Kunstsoldat
am 08.12.2017Die bessere Alternative ist also, weiter nach Schwachstellen im Sozialsystem zu schauen? Der Zug ist abgelaufen. Das hätte schon vor 10 Jahren passieren müssen. Wenn Organisationen wie ihr nicht jetzt konkret ansprecht was genau geändert werden soll, und weiterhin sagt: "Wir müssen erst noch mal schauen", dann fürchte ich werden die Neoliberalen die Oberhand behalten.
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