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7 skurrile Fakten aus dem Sozialrecht, die Sie unbedingt lesen sollten

Pflege Behinderung Armut Gesundheit

Mehr als 150.000 Menschen sind Mitglied im Sozialverband Schleswig-Holstein. Viele kommen zu uns, weil sie ein Problem haben. Weil sie krank geworden sind und nun geklärt werden muss, wie die monatlichen Rechnungen bezahlt werden. Doch das Sozialrecht ist mitunter nicht ganz einfach. In manchen Fällen erscheint es geradezu widersprüchlich. Die sieben merkwürdigsten Fakten haben wir für Sie zusammengetragen.

Kuriositäten und scheinbare Widersprüche im Sozialrecht

1. Trotz ordentlich bezahltem Vollzeit-Job zur Arbeitsagentur

Vollzeit-Stelle und zur Agentur für Arbeit? Das gibt es sogar recht häufig.

Jep, dieses Kuriosum beschäftigt uns in unserem Sozialberatungs-Alltag leider regelmäßig. Wer schon einmal längere Zeit krank war, weiß um die Problematik. Nach sechs Wochen gibt es kein Gehalt mehr. Anschließend folgt das Krankengeld, das von der Krankenkasse gezahlt wird. Doch auch das läuft irgendwann aus. Wer jetzt immer noch krank ist und seinen alten Job nicht aufnehmen kann, sollte auf direktem Weg zur Arbeitsagentur gehen. Arbeitslosengeld gibt es, obwohl Sie noch einen Arbeitsvertrag haben. Aber passen Sie auf, was Sie im Gespräch mit Ihrem Arbeitsvermittler sagen!

2. „Respektrente“ von Sozialminister Heil ist bereits der sechste Name für die gleiche Idee

Ja, tatsächlich. Was heute „Respektrente“ genannt wird, hatte bereits fünf weitere Namen.

Vor sage und schreibe zehn Jahren betrat die Idee einer Renten-Aufstockung für Geringverdiener zum ersten Mal die politische Diskussion. Damaliger Name: „Zuschussrente“. Und Ursula von der Leyen war zuständige Ministerin. Damals wie heute ging es darum, kleine Renten aufzuwerten. Unter der Voraussetzung, dass bestimmte Beitragszeiten erfüllt sind. Das Gleiche wurde fortgesetzt unter dem Namen „Lebensleistungsrente“. Auch die SPD machte sich schon vor Jahren für dieses Ziel stark – unter der Fahne einer „Solidarrente“ oder später der „solidarischen Lebensleistungsrente“. Im aktuellen Koalitionsvertrag war dann plötzlich von der „Grundrente“ die Rede. Warum diese nun „Respekterente“ heißt, kann wohl nur Hubertus Heil erklären. Ob es sich um die letzte Namensänderung handelt?

Vielleicht nimmt sich die Politik ein Beispiel am Sport. In der Fußballbundesliga wurden die Namensrechte der Stadien schon vor Jahren gegen hohe Geldsummen abgetreten. Erleben wir also bald eine „Mercedes-Benz-Rente“ oder eine „Barclaycard-Rente“? Zumindest die Frage der Finanzierung der neuen Rentenansprüche würde auf diese Weise leichter werden.

3. Wer noch einmal Krankengeld will, darf sich erst einmal nicht krank schreiben lassen

Klingt merkwürdig, stimmt aber tatsächlich: Achten Sie beim Krankengeld auf das Kleingedruckte.

Beim Krankengeld gelten sogenannte Blockfristen von drei Jahren. Innerhalb solch einer Blockfrist kann bis zu 78 Wochen Krankengeld bezogen werden. Erst wenn die Blockfrist abgelaufen ist und eine neue dreijährige Blockfrist beginnt, kann für ein und dieselbe Erkrankung wieder Krankengeld bezogen werden. Aber nur wenn in der Zwischenzeit wenigstens sechs Monate lang keine Arbeitsunfähigkeit wegen dieser Erkrankung vorgelegen hat.

4. Bei einem Verschlimmerungsantrag kann Ihr GdB auch sinken

Vorsicht beim Verschlimmerungsantrag.

Alltag in unserer Sozialberatung. Mitglieder kommen zu uns, weil sich eine Krankheit oder Behinderung verschlechtert hat. Möglicherweise gibt es sogar bereits ein ärztliches Attest über die Verschlechterung. Nun soll beim Landesamt für soziale Dienste ein höherer Grad der Behinderung beantragt werden.

Gut dass Sie VORHER beim Sozialverband aufgetaucht sind. Denn der GdB wird auf Basis der „Versorgungsmedizin-Verordnung“ erstellt – und diese Verordnung wird regelmäßig angepasst. Mit der Folge, dass für bestimmte Erkrankungen oder Behinderungen auf einmal niedrigere Einzel-GdBs vergeben werden. So kann aus einem Verschlimmerungsantrag schnell ein schlechterer GdB werden.

5. Die Gleichstellung bedeutet nicht, dass Sie schwerbehindert sind

Es ist ärgerlich – aber Sie genießen mit Gleichstellung nicht alle Nachteilsausgleiche.

Wer einen Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 30 aber weniger als 50 hat, gilt nicht als schwerbehindert. In vielen Fällen ist es aber möglich, sich bei der Agentur für Arbeit gleichstellen zu lassen. Wenn das klappt, genießen Sie den gleichen Kündigungsschutz wie Arbeitnehmer mit Schwerbehinderung. Allerdings wird Ihnen kein zusätzlicher Urlaub gewährt. Außerdem dürfen Sie nicht ohne Abschläge früher in die Altersrente.

6. Viele pflegende Angehörige nutzen den Entlastungsbetrag nicht

Viele pflegende Angehörige fühlen sich überfordert. Der Entlastungsbetrag wird aber kaum genutzt.

Die meisten Menschen in Deutschland werden von Angehörigen gepflegt. Mitunter eine echte Herausforderung, insbesondere für Berufstätige. Man sollte daher meinen, dass Angehörige jede Möglichkeit nutzen, sich helfen zu lassen. Eine Möglichkeit wäre der Entlastungsbetrag in Höhe von monatlich 125 Euro. Doch kaum jemand greift die Mittel ab. Warum – das lesen Sie hier.

7. Beim GdB gibt es keine Prozente!

„Prozente. Ich brauche mehr Prozente!“. So oder ähnlich beginnen viele Gespräche in einer unserer schleswig-holsteinischen Sozialberatungstellen. Natürlich wissen unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, worum es geht. Der Grad der Behinderung (GdB) soll beantragt oder erhöht werden. Die meisten Laien sprechen hier tatsächlich immer noch von Prozenten. Lassen Sie es sich aber gesagt sein: Beim Grad der Behinderung gelten keine Prozente. Es reicht, wenn Sie sagen: „Ich habe einen GdB von (z.B.) 30.“

Der Sozialverband Schleswig-Holstein hilft in sozialen Fragen. Wir vertreten unsere Mitglieder bis zum Sozialgericht, zum Beispiel bei Problemen mit der Erwerbsminderungsrente oder dem Behindertenausweis.

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Kommentare (2)

  • user
    Christian Schultz
    am 28.03.2019

    Lieber Wolfgang, dass Sie über die aktuelle Sozialpolitik in Deutschland unzufrieden sind, können wir gut verstehen. Allerdings überschätzen Sie die Macht des Sozialverbands. Wir machen keine Gesetze, wir helfen den Menschen, ihre Recht im Sozialrecht durchzusetzen. Nicht mehr und nicht weniger.

  • user
    Vorck Wolfgang
    am 28.03.2019

    Was bitte habt IHR denn getan,daß duese Mißstände und Ungerechtigkeiten wie emErqerbsminderungsrenten für Bestandsrenten genauso behandelst werden,wie die Neufälle der Erwerbnminderungsrenten!!??Was habt IHR getan,daß die Verschlechterung für Erwerbsgeninderte Regelaltersrente NICHT angehoben werden???

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