Direkt zu den Inhalten springen

Darum gehört das Recht auf eine angemessene Wohnung in die Landesverfassung

Armut

Ein Jahr lang haben Mieterbund und Sozialverband Schleswig-Holstein knapp 40.000 Unterschriften gesammelt. Hintergrund ist unsere gemeinsame Volksinitiative für bezahlbaren Wohnraum, die schon jetzt als großer Erfolg gewertet werden kann. Doch den Willen der vielen Tausend Menschen, die unterschrieben haben, müssen nun die Abgeordneten im Kieler Landtag umsetzen. Und das gestaltet sich schwierig.

In dieser Woche wurden die Vertrauenspersonen der Volksinitiative in den Landtag eingeladen. Die Abgeordneten des Petitionsausschusses hatten dort Gelegenheit, sich ein konkretes Bild von den Anliegen der Initiative zu machen und Fragen zu stellen. Dabei wurde deutlich: Mit Ausnahme der SPD-Fraktion herrscht im Schleswig-Holsteinischen Landtag großer Zweifel an Sinn und Zweck der Volksinitiative. Wie für alles im Leben, gibt es auch in der Frage, das Recht auf eine angemessene Wohnung in die Landesverfassung aufzunehmen, positive wie negative Argumente. In diesem Beitrag möchten wir deshalb noch einmal die Dringlichkeit unseres Anliegens erläutern.

Gehört das Recht auf eine angemessene Wohnung in die Landesverfassung?

Gegenargument 1: Anstatt sich auf die Schaffung von Wohnungen zu konzentrieren, wird mit der Volksinitiative nur eine theoretische Debatte eröffnet

Wir erkennen an, dass sich sowohl die aktuelle Landesregierung wie auch viele Kommunen um den Bau neuer preiswerter Wohnungen bemühen. Doch das war nicht immer so. Die angespannte Lage, die wir zurzeit in großen Teilen des schleswig-holsteinischen Wohnungsmarktes erleben, ist durch zahlreiche falsche Entscheidungen der Vergangenheit entstanden. In Kiel etwa durch den Verkauf Tausender Wohnungen an Finanzinvestoren, die vor allem eine hohe Rendite im Sinn haben. Auch die Abwicklung von landeseigenen bzw. kommunalen Wohnungsbaugesellschaften war ein Kardinalfehler. Mit dem Ziel, das Recht auf eine angemessene Wohnung in der Landesverfassung zu verankern, möchten wir dafür Sorge tragen, dass auch zukünftige Landesregierungen und andere Beteiligten beim Wohnungsbau langfristig denken. Fehler wie in der Vergangenheit dürfen sich nicht wiederholen.

Gegenargument 2: Mit der Volksinitiative wird nicht beantwortet, warum der Bau von bezahlbaren Wohnungen nur langsam vorankommt

Die Gründe hierfür sind allenthalben bekannt: In Schleswig-Holstein wurden die maßgeblichen Träger des gemeinnützigen Wohnungsbaus überwiegend verkauft. Ein großer Teil des Wohnungsbestands, der früher von diesen Trägern vorausschauend verwaltet wurde, ist nun in der Hand von Finanzinvestoren. Vonovia und Co. haben kein Interesse daran, geförderten Wohnungsbau zu betreiben. Warum auch? Das würde deren florierendes Geschäfts untergraben, möglichst viel Miete bei gleichzeitig geringstem Aufwand abzuschöpfen. Hohe Nachfrage und ein knappes Angebot sind der Nährboden, auf dem diese Konzerne prächtig gedeihen. Nur ein zahlenmäßig ausreichendes Angebot an preiswertem Wohnraum, der von gemeinnützigen Gesellschaften, Genossenschaften und verantwortungsvollen Privatvermietern vorgehalten wird, kann diesem Problem ein Ende bereiten.

Gegenargument 3: Das Recht auf angemessenes Wohnen vermittelt ein Versprechen, das nicht gehalten werden kann

Die Aufnahme in die Landesverfassung führt nicht zu einem individuellen Rechtsanspruch, das ist richtig. Die Volksinitiative verfolgt vielmehr eine langfristige Strategie, damit der soziale Wohnungsbau wieder den Stellenwert einnimmt, der ihm zusteht. Die schleswig-holsteinische Landesverfassung berücksichtigt übrigens auch andere wichtige Punkte, wie die Rechte von bestimmten Minderheiten, die Förderung von Kultur und auch den Sport. Niemand stört sich daran, im Gegenteil – der Schutz dieser Personengruppen und Kulturgüter ist richtig. Warum also der Widerstand beim Thema Wohnen? Denn ein angemessenes Dach über dem Kopf benötigt nun wirklich jeder.

Gegenargument 4: Andere Bundesländer wie Bayern haben das Recht auf eine angemessene Wohnung in ihrer Landesverfassung integriert. Trotzdem herrschen auch dort Probleme auf dem Wohnungsmarkt

Das stimmt. Bei allen Problemen in Schleswig-Holstein spielt die bayerische Landeshauptstadt München bei den Mietpreisen in einer eigenen Galaxie. Richtig ist aber auch: Seit 2006 obliegt die Verantwortung bei der Wohnungsbauförderung den Bundesländern. Deshalb spielt die Lage in Bayern, Hessen oder Brandenburg für unsere Diskussion nur eine Nebenrolle. Schleswig-Holstein kann und muss seine eigenen wohnungsbaupolitischen Prioritäten setzen. Und wir sind davon überzeugt, dass das Recht auf eine angemessene Wohnung in der Landesverfassung langfristig ein wirkungsvolles Instrument sein wird.

Wie der Landtag letztlich in dieser Frage entscheiden wird, ist noch offen. CDU, und FDP haben durchblicken lassen, dass sie dem Ansinnen eher ablehnend gegenüberstehen. Verwunderlich ist die Lage bei den Grünen, wo die Landtagsfraktion die Bedenken der Jamaika-Koalition teilt, während der Landesverband der Partei unsere Volksinitiative klar unterstützt. Vor diesem Hintergrund wünschen wir uns eine Abstimmung ohne Fraktionszwang. Nicht das politische Kalkül soll entscheiden, sondern der gesunde Menschenverstand.

Der Sozialverband Schleswig-Holstein hilft in sozialen Fragen. Wir vertreten unsere Mitglieder bis zum Sozialgericht, zum Beispiel bei Problemen mit der Erwerbsminderungsrente oder dem Behindertenausweis.

Sie wollen regelmäßig über neue Beiträge in unserem Blog informiert werden? Melden Sie sich einfach zu unserem Newsletter per E-Mail an!


Kommentare (0)

Sei der erste der kommentiert

Neuen Kommentar schreiben

Das Feld Name muss ausgefüllt sein.
Bitte geben Sie Ihren Namen ein.
Das Feld E-Mail muss ausgefüllt sein.
Die eingegebene E-Mail Adresse ist nicht korrekt.
Der Kommentar darf nicht leer sein.
Bitte stimmen Sie der Datenschutzbestimmungen zu.

Mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.