Erwerbsminderungsrente: Abschlag trotz Schwerbehinderung
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Viele Menschen beziehen eine Erwerbsminderungsrente. Nicht weil sie sich bewusst für diese besondere Art von "Frührente" entschieden haben. Nein, weil sie aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbeiten können. Und obendrauf wird die EM-Rente noch durch Abschläge gekürzt.
Es ist vielleicht die ungerechteste Regelung im ganzen Sozialrecht: Wer zu krank ist, um seinen Lebensunterhalt mit eigener Hände Arbeit zu verdienen - der bekommt in Deutschland eine Erwerbsminderungsrente. Allerdings wird diese sehr häufig gekürzt, besonders bei verhältnismäßig jungen Menschen. Und zwar mit 0,3 Prozent pro Monat - maximal kann ein solcher Abschlag 10,8 Prozent betragen.
10,8 Prozent Abzug
Fast 11 Prozent gehen so von der Bruttorente verloren. Dauerhaft - bis irgendwann die Altersrente eintritt. Und selbst dann kann es passieren, dass die ungerechten Abschläge an der Rente kleben bleiben. Informieren Sie sich daher rechtzeitig vor einem Wechsel von der Erwerbsminderungs- in die Altersrente, was Sie zu beachten haben.
Eine ausgesprochen ungerechte Regelung. Denn niemand, der auf die Erwerbsminderungsrente angewiesen ist, hat sich dieses Schicksal ausgesucht. Um das noch glaubhafter zu machen, reicht ein Blick auf die durchschnittlichen Zahlungen bei der EM-Rente. Im Jahr 2020 betrugen die gerade einmal etwas mehr als 800 Euro.
Umso unverständlicher ist es, dass die EM-Rente mit Abzügen belegt wird. Nicht immer - denn die Frage der Abschläge richtet sich vor allem nach Ihrem Alter bei Rentenbeginn. Wer bereits 63 ist und darüber hinaus auf mindestens 35 Versicherungsjahre in der Deutschen Rentenversicherung kommt, muss sich nach aktuellem Stand nicht über eine gekürzte Rente ärgern.
Sie sind jünger? Dann wird es teuer. Wie genau das mit den Abzügen funktioniert, haben wir im folgenden Video erklärt.
Hat die Schwerbehinderung Auswirkungen auf meine Abschläge bei der Rente?
Einige unserer Mitglieder haben in den letzten Wochen vermehrt diese Frage gestellt: Muss ich die Abschläge auf meine EM-Rente auch hinnehmen, wenn ich eine Schwerbehinderung habe?
Guter Punkt. Denn vielleicht wissen Sie, dass der Schwerbehindertenausweis Ihnen bei der Altersrente große Vorteile beschert. Auch mit Blick auf mögliche Abzüge bei der Rente.
Aber wie ist das bei der Erwerbsminderungsrente? Verhindert der SB-Ausweis meine Abschläge? Oder kann er sie zumindest verringern?
Rita aus Melsdorf ist 58 Jahre alt. Sie musste nach Monaten im Krankengeld eine Erwerbsminderungsrente beantragen. Es ging einfach nicht mehr. Aufgrund einer Krebserkrankung hat Rita einen Schwerbehindertenausweis. Muss sie mit Abzügen bei der EM-Rente rechnen?
Anhand dieses Beispiels können wir ganz plastisch erklären, dass Rita einen Abschlag in Höhe von 10,8 Prozent wird hinnehmen müssen. Das liegt in erster Linie an ihrem Alter bei Rentenbeginn. Dieser wird entweder mit 58 oder sogar noch früher angesetzt - EM-Renten werden häufig rückwirkend bewilligt. Die aktuellen Regeln besagen, dass Rita ihre Erwerbsminderungsrente in diesem Fall nur mit dem Maximalabzug erhalten kann.
Eine EM-Rente ohne Abzug käme für sie nur in Frage, wenn bei Rentenbeginn im Jahr 2022 mindestens 64 und acht Monate alt ist. Oder mindestens 63 - falls auf ihrem Rentenkonto 35 Versicherungsjahre verzeichnet sind.
Die Schwerbehinderung hat mit den Abzügen also gar nichts zu tun. Überhaupt nichts.
Fazit
Ob Sie bei Ihrer EM-Rente eine Kürzung in Kauf nehmen müssen, hängt also an zwei Variablen - Ihrem Alter bei Rentenbeginn und dem Jahr, in dem die Rente startet. Aktuell reichen außerdem 35 Versicherungsjahre, um auch mit 63 eine ungekürzte Erwerbsminderungsrente zu ergattern.
Die Schwerbehinderung kann wichtig werden, wenn es etwas später um die Altersrente geht. Auch für Nachteilsausgleiche im Hier und Jetzt ist der SB-Ausweis extrem wertvoll. Aber auf die Entscheidung über Abschläge auf die EM-Rente hat Ihre Behinderung keinen Einfluss.
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Kommentare (27)
Claudia W.
am 01.03.2024Ich habe das Gefühl, dass in diesem Artikel etwas Gravierendes nicht stimmt.
Bei der EM-Rente gibt es doch gar keine Abzüge und man kann nicht entscheiden, ob man sie "vorgezogen" in Anspruch nimmt.
Das alles trifft doch nur auf die Rente für Schwerbehinderte zu.
Die EM-Rente bekommt man nicht wahlweise ab einem bestimmten Datum oder vorgezogen, sondern wenn man lt. Begutachtung zu krank ist um zu arbeiten und die Höhe richtet sich nach den eingezahlten Zeiten/Beiträgen.
Die Rente für Schwerbehinderte kann man vorziehen und dann gibt es Abschläge, genau wie bei der Altersrente.
Genau so steht es auch in meinem Rentenverlauf!
Christian Schultz
am 01.03.2024Den Beginn einer EM-Rente kann man sich nicht aussuchen. In diesem Punkt haben Sie recht.
Umso ungerechter ist es ja gerade, dass bei einem Start der EM-Rente vor 63 IMMER Abschläge auf Sie warten. Ist leider so.
Andreas G
am 29.02.2024Ich bin Jahrgang September 1960 und habe eine Schwerbehinderung von 50% und bin seit über 1 Jahr schon krank. Ich überlege nun eine Eu Rente zu beantragen aber habe da ein paar Fragen wodrauf ich noch keine Antworten gefunden habe.
Wegen Schwerbehinderung darf man ja regulär 2 Jahre früher in Rente gehen aber wie sieht das aus bei einer EU Rente? Wenn ich jetzt einen Antrag auf eine EU-Rente stelle habe ich dann einen Bestandsschutz so das meine Altersrente hinterher nicht niedriger ausfällt?
Wird dann die Eu-Rente bis zur Regelaltersrente von 66 Jahre und 4 Monaten bezahlt oder dann nur bis 64 Jahre und 4 Monaten wegen der Schwerbehinderung? Habe ich in beiden Fällen Bestandsschutz? Würde mich über eine Antwort freuen.
Danke und einen schönen Tag noch.
Christian Schultz
am 29.02.2024Ja, der Bestandsschutz greift immer, wenn zwischen EM- und Altersrente maximal 24 Monate liegen. Geht auch bei vorgezogener Altersrente.
T.R.
am 07.06.2023Hallo
Ich 57 beziehe seit 1987 EU Rente da ich nicht arbeiten konnte Behinderung 100 % mit allen Merkzeichen außer BL .
Ab wann kann ich in Altersrente gehen ohne Abzüge ?
Vielen Dank
Christian Schultz
am 08.06.2023Schauen Sie mal hier rein: https://www.sovd-sh.de/aktuelles/meldung/altersarmut-behinderung-gesundheit-sozialberatung-rente-und-behinderung
T.R.
am 08.06.2023Kurze Ergänzung zu meiner Frage , ich bin 1966 geboren .
Christian Schultz
am 08.06.2023Dann ist es klar: Ohne Abschlag frühestens zum 65. Geburtstag.
V.Taube
am 06.06.2023Ich bin 55 Jahre und beziehe seit einigen Jahren die EM Rente und habe einen GdB von 100 mit Merkzeichen G+B. Ich mache keine Einkommensteuererklätung. Mir würde aufgrund der Schwerbehinderung jetzt ein Pauschbetrag von 2800€ zustehen. Würde sich die Einkommensteuererklärung fürmich dann lohnen, oder sollte ich es lassen? Vielen Dank
Christian Schultz
am 07.06.2023Der Pauschbetrag bringt Ihnen nur etwas, wenn Sie überhaupt Steuern zahlen. Da er das zu versteuernde Einkommen mindert und Sie über diesen Weg weniger Steuern zahlen müssten.
Klaus Kraft
am 26.05.2023Kann ich hier, auch als Nichtmitglied, eine Frage stellen?
Christian Schultz
am 30.05.2023Natürlich. Beachten Sie aber bitte, dass wir hier im Forum keine individuelle Sozialberatung anbieten können. Das übernehmen dann meine Kollegen, die Sie in ganz Deutschland finden: https://www.sovd.de/sozialverband/organisation/landes-und-kreisverbaende
Klaus Kraft
am 07.06.2023Ups, eben erst die Antwort gesehen :-(((
Ich kann ab 1.9. 2023 wegen Schwerbehinderung 2 Jahre früher in Rente gehen, habe aber jetzt rückwirkend eine volle Erwerbsminderungsrente ab 1.5.2020 genehmigt bekommen, befristet bis 31.8.2025, was mein regulärer Rentenbeginn wäre.
Die Frage, die sich mir stellt, reduziert das nicht immens meine dann anstehende Rente und wäre es nicht besser, auf die Schwerbehindertenrente zu gehen, ab September diesen Jahres? Also 2 Jahre weniger volle Erwerbsminderungsrente?
Für eine Antwort schon jetzt großes MERCI!!!
Christian Schultz
am 08.06.2023Lassen Sie sich das bitte bei der DRV ausrechnen, ohne Einblick ins Rentenkonto lässt sich die Frage nicht befriedigend beantworten. Durch die höheren Zurechnungszeit sind die heutigen EM-Renten allerdings gar nicht so schlecht.
Andreas Bonstedt
am 05.05.2023Ich möchte mit 61 Jahren + 10 Monaten vorzeitig von der EMR in die Schwerbehindertenrente (35 Versicherungdjahre / 50% GdB) wechseln. Ergeben sich daraus irgendwelche Nachteile.?
Christian Schultz
am 05.05.2023Nein, weil es hier einen Bestandsschutz gibt, was die Rentenhöhe betrifft. Sie sollten sich jedoch trotzdem persönlich bei der DRV beraten lassen. Das ist kostenlos.
Gelesch
am 20.04.2023Habe bisher EM Rente mit vollen Abschlag erhalten. Ab 2/23 gehe ich mit fast 63 Jahren und 50 % GDB in die vorzeitige Schwerbehindertenrente. Jetzt bekomme ich nochmal einen Abzug, obwohl ja schon im Vorgriff das für die EM Rente abgezogen wurde. Mein Widerspruch wurde abgelehnt weil es hierfür noch keine Gesetzesgrundlage gäbe. Wie sehen Sie das? Und habe ich bei Klage Sozialgericht Aussicht auf Erfolg?
Christian Schultz
am 20.04.2023Nach meinem Kenntnisstand gilt beim Wechsel von der EM- in die Altersrente ein Bestandsschutz. Ihre Altersrente sollte also nicht höher sein als die zuvor bezogene Erwerbsminderungsrente.
Michael schmidt
am 18.03.2023Hallo ich bin mit 58 ereerbsunfähig hab 10,8 % Abzug gerecht bekommen lach ,egal und hab damals 41 Jahre gearbeitet bin jetzt 61 und 4 Monate alte habe den Antrag bis 20w6 berlängert bekommen muss ich mit 63 und 3 Monate da bin ich so alt von dvdk nochmal mein bescheid schicken oder macht die Rentenkasse nochmal wegen halbes Jahr verlängerung hab 50 % behinderung
Christian Schultz
am 20.03.2023Hallo Michael, wenn ich Ihre Frage richtig verstanden habe, geht es um die Verlängerung Ihrer EM-Rente. Sie können diese auch mit 63 noch einmal verlängern lassen. Mit Ihrer Schwerbehinderung hat das erst einmal nichts zu tun.
Achim Stickdorn
am 02.03.2023Was ich noch nirgends gefunden habe, sind Antworten auf folgende Fragen:
- Nützt eine Schwerbehinderung beim Übergang von der Erwerbsminderungsrente in die Altersrente? Kann ich dann also auch mit einer EMR die Altersrente 2 Jahre eher beantragen?
- Wird diese vorgezogene Altersrente wegen Schwerbehinderung auch schon bei der Berechnung der Abzüge bei der EWR berücksichtigt, sofern die Erwerbsminderung nicht ohnehin lange vorher eintritt?
Christian Schultz
am 02.03.2023Mit aktueller Schwerbehinderung und mindestens 35 Versicherungsjahren kommen Sie zwei Jahre früher in Rente. Auch aus der EM-Rente heraus.
Die Schwerbehinderung hat mit den Abschlägen auf die EM-Rente nichts zu tun. Die fallen immer automatisch an, wenn Sie die EM-Rente vor einem bestimmten Alter bekommen.
Sabine Heinrichs
am 29.01.2023Wie hoch ist meine erwerbsminderungsrente mit 56 Jahre ich habe einen schwerbehindertenausweis auf 100% mit dem Buchstabe b für Begleitperson g Gehbehindert H hilflos ich benötige auch einen E-Rollstuhl den ich schon seit fünf Jahren habe.
Christian Schultz
am 30.01.2023Hallo Sabine, die Höhe Ihrer EM-Rente hängt von den Entgeltpunkten auf Ihrem Rentenkonto ab. Schauen Sie mal in Ihre letzte Renteninformation.
Angelika Becker
am 20.09.2022Nicht ganz gerecht wie ich finde, denn man sucht es sich wirklich nicht aus.
Dann sollte es auf jede Rente unter 35 Jahre Arbeitszeit auch einen Abschlag geben
Eine Frage hätte ich noch.
Wenn vorher EM Rente bezogen wird und man mit 63 Schwerbehindertenrente beantragt, gibt es doppelte Abschläge?
Danke und einen schönen Tag
Christian Schultz
am 20.09.2022Ich bin mir nicht sicher. Aber in der Regel macht es auch keinen Sinn, in die vorgezogene Rente zu gehen, wenn Sie die EM-Rente bis zur Regelaltersgrenze beziehen können.
Christof Rienermann
am 31.03.2022Sehr wichtige Detailinformationen.
Jedoch für Betroffene, die schon früher die Erwerbsminderungsrente beantragen müssen ein sehr harter Einschnitt für das weitere Leben.
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