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Gesetzentwurf zur finanziellen Stabilisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Finanzstabilisierungsgesetz – GKVFinStG)

Gesundheit

Stellungnahme des SoVD anlässlich der öffentlichen Anhörung durch den Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages am 28. September 2022 zu dem von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur finanziellen Stabilisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Finanzstabilisierungsgesetz – GKVFinStG).

Zusammenfassung des Gesetzesentwurfs

Durch den demografischen Wandel und die rückläufige Zahl der Beschäftigten infolge der Corona-Pandemie wird für die kommenden Jahre mit einem geringeren Anstieg der beitragspflichtigen Einnahmen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) gerechnet. Dies trägt maßgeblich zur aufwachsenden GKV-Finanzierungslücke seit dem Jahr 2020 bei. Laut Entwurf würde ohne zusätzliche Maßnahmen der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz in der GKV im Jahr 2023 von derzeit 1,3 Prozent um rund einen Prozentpunkt steigen und anschließend aufgrund der Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben jedes Jahr um weitere 0,2 bis 0,3 Prozentpunkte zunehmen.

Nach Schätzungen droht der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) 2023 ein Defizit in Höhe von 17 Milliarden Euro. Nach Berechnungen des Instituts für Gesundheitsökonomie könnte sich das Defizit wegen des Ukrainekrieges und den Folgen gar auf bis zu 25 Milliarden Euro belaufen. Mit dem vorliegenden Entwurf sollen die Lasten zur Schließung der Finanzierungslücke auf verschiedenen Schultern verteilt werden. So soll der Anstieg der Zusatzbeitragssätze ab dem Jahr 2023 und die damit verbundene finanzielle Belastung der Beitragszahlerinnen und Beitragszahler begrenzt werden. Dazu sieht der Entwurf die folgenden wesentlichen Maßnahmen vor:

  • Neben einem erwarteten Anstieg der kassenindividuellen Zusatzbeiträge von0,2 bis 0,3 Prozentpunkten, sollen aus Beitragsmitteln vorhandene Finanz-reserven der Krankenkassen mit einem kassenübergreifenden Solidarausgleich zur Stabilisierung der Beitragssätze herangezogen werden.
  • Der Bund leistet im Jahr 2023 einen Zuschuss an den Gesundheitsfonds in Höhevon 2 Milliarden Euro. Hinzu kommt nach dem Entwurf des Haushaltsgesetzes2023 für das Jahr 2023 ein Bundesdarlehen in Höhe von 1 Milliarde Euro an denGesundheitsfonds.
  • Zur Stabilisierung der Arzneimittelausgaben der GKV werden das Preis-moratorium über den 31. Dezember 2022 hinaus um weitere vier Jahre verlängert, der Apothekenabschlag für die Dauer von zwei Jahren auf 2 Euro erhöht und für dieJahre 2023 und 2024 eine Solidaritätsabgabe für pharmazeutische Unternehmenvon jeweils einer Milliarde Euro erhoben. Zugleich sind zusätzliche Schritte zurWeiterentwicklung des Verfahrens nach dem Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) vorgesehen.
  • Die mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) eingeführte Regelung, nach der die ärztlichen Leistungen für die Behandlung von Patient*innen, die erst-mals oder erstmals seit mehr als zwei Jahren wieder in der jeweiligen Arztpraxis behandelt werden, extrabudgetär vergütet werden, wird aufgehoben.

Gesamtbewertung

Erste Schätzungen zu Beginn dieses Jahres bezifferten ein drohendes GKV-Defizit für das Jahr 2023 bereits auf 17 Milliarden Euro. Nach Berechnungen des Instituts für Gesundheitsökonomie (IfG) könnte sich das Defizit wegen des Ukrainekrieges und den Folgen gar auf bis zu 25 Milliarden Euro belaufen. In Anbetracht des prognostizierten Finanzdefizits der GKV für das Jahr 2023 und mit Blick auf die im Koalitionsvertrag 2021–2025 angekündigten Vereinbarungen bleibt der Entwurf mit seinen Maßnahmen weit hinter den Erwartungen und notwendigen Schritten zurück. Notwendig sind v.a. grundlegende Reformen der Finanzierung der GKV. Stattdessen bedient sich der Entwurf vor allem an den verbliebenen Finanzreserven der GKV, die aus Beitragsmitteln der Versicherten gebildet wurden, um das Defizit kurzfristig zu verringern. Obendrein werden die Beitragszahlenden 2023 absehbar durch höhere Zusatzbeitragssätze zur Kasse gebeten, um das Defizit kurzfristig zu schließen. Der Gesetzentwurf geht von einem Anstieg von 0,3 Prozentpunkten aus. Die Folgen sind absehbar: Die grundlegenden Probleme werden lediglich um ein Jahr vertagt.

Neben kurzfristigen Finanzspritzen sind grundlegende Maßnahmen zur finanziellen Entlastung und Stärkung der gesetzlichen Krankenversicherung nötig. Stellschrauben gibt es genug: Zur Stärkung der Finanzierungsbasis der gesetzlichen Krankenversicherung müssen als Sofortmaßnahme die private Krankenversicherung in einen umfassenden Solidarausgleich einbezogen werden. Darüber hinaus ist die Beitragsbemessungsgrenze sowie die Versicherungspflichtgrenze in einem ersten Schritt zumindest auf das Niveau in der Rentenversicherung anzuheben. Um die tatsächliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu erfassen und für die Beitragsbemessung heranzuziehen, ist es erforderlich, neben den Erwerbseinkommen regelmäßig auch andere Einkünfte einzubeziehen, etwa aus Vermietung,Verpachtung und Kapital. Um eine bedarfsgerechte und leistungsfähige Versorgung für alle sicherzustellen, muss ein einheitliches Versicherungssystem auf Grundlage der gesetzlichen Krankenversicherung geschaffen werden, dass alle gerecht in die Finanzierung einbezieht.


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