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Hilfsmittel beantragt – bis wann muss die Krankenkasse entscheiden?

Pflege Behinderung Gesundheit

Dass etwas mit ihrer Gesundheit nicht stimmt, wusste Ilse W. schon lange. Doch so lange es irgendwie ohne Hilfe ging, wollte sie niemanden mit ihren Problemen belasten. An einem Donnerstag kam sie vom Einkaufen nach Hause und schaffte die vier Stufen zu ihrer Wohnung im Hochparterre nicht mehr. Als eine Nachbarin sie fand, saß Ilse W. auf der Treppe und hatte eine Entscheidung getroffen: Ich brauche Unterstützung.

Das Wunder der „Genehmigungsfiktion“

Ilse W. setzte sich mit ihren Kindern zusammen. Von Anfang an stand fest, dass die 82-Jährige in ihrer Wohnung bleiben möchte. Doch wie würde man die zunehmenden Probleme beim Gehen auffangen? Schließlich einigte sich die Familie darauf, es zunächst mit einem Rollator zu versuchen. Dieser würde Ilse bei ihren Spaziergängen oder beim Weg zum Supermarkt deutlich entlasten.

Der Brief an die Krankenkasse war schnell geschrieben, Ilses Mutter gab ihn persönlich bei der Versicherung ab und ließ sich den Eingang schriftlich bestätigen.

Als die Familie nach drei Wochen noch nichts von der Krankenversicherung gehört hatte, rief Ilses Sohn den Sachbearbeiter an und hakte nach. Der Antrag sei noch in Bearbeitung, hieß es. Doch auch nach sechs Wochen gab es seitens der Kasse keine Neuigkeiten.

Als Mitglieder im Sozialverband wandte sich Familie W. jetzt an die Sozialberatung des SoVD in der Nachbarstadt. Das erste, was die Mitarbeiterin des Sozialverbands fragte: „Wann haben Sie den Antrag gestellt? Und können Sie schriftlich nachweisen, dass sie es an diesem Tag abgegeben haben?“ Zum Glück hatte Ilse Ws. Tochter die Empfangsbestätigung zu den Unterlagen gelegt.

„Dann habe ich gute Nachrichten“, so die Beraterin des Sozialverbands weiter. „Ihre Krankenkasse hätte den Antrag bereits nach drei Wochen beantworten müssen. Da sie es nicht getan hat, gilt Ihr Antrag jetzt als genehmigt.“

— Sie sind nicht aus Schleswig-Holstein? Lesen Sie mehr über die Beratung des Sozialverbands in anderen Bundesländern —

Hintergrund ist die sogenannte Genehmigungsfiktion. Beantragt ein Versicherter ein Hilfsmittel oder eine Kur, so hat die Kasse drei Wochen Zeit, den Antrag zu bearbeiten. Muss der Medizinische Dienst angehört werden, verlängert sich diese Frist auf fünf Wochen. Wenn Ihre Krankenversicherung bis dahin nichts von sich hören lässt, greift die Genehmigungsfiktion – und der Antrag gilt automatisch als bewilligt.

„Ganz wichtig ist, dass Sie nachweisen können, wann Sie den Antrag gestellt haben“, so Helga Menzel vom Rechtsschutz des SoVD in Kiel. „Lassen Sie sich daher immer schriftlich quittieren, wenn Sie einen Antrag stellen. Das gilt übrigens auch für andere Sozialleistungsträger wie Rentenversicherung oder Jobcenter.“

Wichtig: Die Genehmigungsfiktion gilt nicht, wenn ein Hilfsmittel als Rehabilitationsleistung eingestuft wird. Dazu hat es in den letzten Jahren einige Gerichtsurteile gegeben. Doch ob eine Maßnahme nun eindeutig zur Sicherung des Erfolgs der Krankenbehandlung oder klassisch dem Ausgleich oder der Vorbeugung einer Behinderung dient, ist nicht immer ganz eindeutig. Von daher gilt: Beantragen Sie ein Hilfsmittel, sollten Sie sich dies immer mit dem jeweiligen Datumsstempel bestätigen lassen. Die Chancen stehen gut, dass die Genehmigungsfiktion greift.

Der Sozialverband Schleswig-Holstein hilft in sozialen Fragen. Wir vertreten unsere Mitglieder bis zum Sozialgericht, zum Beispiel bei Problemen mit der Erwerbsminderungsrente oder dem Behindertenausweis.

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Kommentare (1)

  • user
    Rechtsanwalt Ralf Müller-Päuker
    am 14.06.2019

    Leider ist der Inhalt des Artikels falsch bzw. undifferenziert. §13 III a SGB V ist für Mobilitätshilfsmittel gerade nicht anwendbar (Bundessozialgericht Urteil vom 15.3.2018 – Az B3 KR 18/17 R). Der Rollator in Ihrem Beispiel ist klassisch ein Hilfsmittel zum Behinderungsausgleich, für den die Frist gerade nicht anwendbar ist. Der Gesetzgeber hat jedoch 2018 die Vorschrift des § 18 SGB IX mit einer Zweimonatsfrist eingeführt, die sich bei Angabe von hinreichenden Gründen durch den Kostenträger verlängern lässt. Die Vorschrift begünstigt jedoch auch nur Menschen, bei denen eine Schwerbehinderung festgestellt wurde.

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