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Inklusion nur in der Theorie?

Pflege Behinderung

Regelmäßig ins Büro gehen. Mit Kollegen über das vergangene Wochenende schnacken. Eine sinnvolle Aufgabe haben. Für die meisten Menschen eine Selbstverständlichkeit. Nicht für Mario Schumacher. Der 36-Jährige aus Pinneberg ist seit seiner Geburt schwer körperbehindert und auf Unterstützung angewiesen. Er könnte in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung arbeiten. Doch es gibt Stress mit den Behörden.

„Dann ziehen Sie doch nach Hamburg“

Gute Kenntnisse in den gängigen MS-Office-Programmen, dazu beherrscht Mario Schumacher diverse Bild- und Video-Bearbeitungsprogramme. Aufgrund seiner Behinderung bedient er den PC nicht mit den Händen, sondern über die Füße. „Alles kein Problem mit der richtigen Ausrüstung“, so Schumacher, der drei Nierentransplantationen hinter sich hat. „Ich benutze meine -PC-Hilfe bereits seit mehreren Jahren und kann recht schnell damit umgehen.“

Für den ersten Arbeitsmarkt ist die Behinderung von Mario Schumacher ein zu großes Hindernis. „Er könnte maximal an drei Tagen in der Woche arbeiten“, erklärt Petra Schumacher, seine Mutter. Die 57-Jährige pflegt ihren Sohn seit vielen Jahren und kümmert sich um den Papierkram gegenüber den Behörden. „Da es kaum Unternehmen gibt, die auf Menschen mit schweren Behinderungen eingestellt sind, möchte Mario zumindest in einer Werkstatt arbeiten, in der er auch etwas leisten kann.“

Doch genau hier liegt das Problem. Im Kreis Pinneberg haben sich die Schumachers alle Werkstätten angeschaut. In einem Betrieb absolvierte Mario das sogenannte Eingangsverfahren, eine Art Probearbeiten. Einen passenden Arbeitsplatz, auf dem er seine EDV-Kenntnisse einbringen könnte, hat der Kreis Pinneberg aber nicht anzubieten. „In Hamburg gäbe es eine passende Werkstatt. Weil wir aber nicht in deren direktem Einzugsgebiet leben, kann ich deren Fahrdienst nicht in Anspruch nehmen.“ Heißt mit anderen Worten: Die Fahrkosten in Höhe von rund 70 Euro pro Tag müssten die Schumachers selbst aufbringen. Illusorisch. Und dann noch die Aussage „Dann ziehen Sie doch nach Hamburg!“

„Ich möchte, dass das Kämpfen endlich aufhört“

Aussagen wie diese kann Petra Schumacher nicht nachvollziehen: „Es arbeiten so viele Leute aus Pinneberg in Hamburg. Aber Menschen mit Behinderung soll dies verwehrt bleiben?“ Nach Jahren der Auseinandersetzung mit dem Kreis Pinneberg, diversen Werkstätten und der Bundesagentur für Arbeit kommt die 57-Jährige an ihre Grenzen: „Ich bin nur noch am kämpfen. Ich möchte, dass das Kämpfen endlich aufhört.

Mario Schumacher würde gern in eine barrierefreie Wohnung ziehen. „Aber wir finden keine behindertengerechte Wohnung für mich, die man bezahlen kann.“ So ist er weiterhin darauf angewiesen, dass ihm die Kostenträger bei der Suche nach einer geeigneten Werkstatt entgegenkommen. Doch hier hapert es aus Sicht der Schumachers gewaltig: „Wir hatten schon so viele Gespräche mit diversen Ansprechpartnern“, so die Mutter. „Aber ich habe oft das Gefühl, dass mein Sohn für die einfach nur eine Akte ist. In vielen Köpfen im Amt scheint noch drinzustecken, dass Menschen mit Behinderung nichts können. Mein Sohn bekommt keine Chance, das Gegenteil zu beweisen. Das macht mich traurig.“

Seit 14 Jahren hat sie immer wieder Auseinandersetzungen mit den Sozialbehörden. Sogar an die Bundeskanzlerin hat sich Petra Schumacher gewandt. An Bundesgesundheitsminister Spahn. Geholfen hat ihr bisher niemand. Doch sie gibt die Hoffnung nicht auf: „Ich bin super stolz auf meinen Sohn. Er hat in seinem Leben schon mehr erreicht als viele gesunde Menschen. Deswegen ist es uns ja so wichtig, dass er eine Aufgabe findet, in der er gefordert wird.“

Der Sozialverband Deutschland hilft in sozialen Angelegenheiten. Wir vertreten unsere Mitglieder bis zum Sozialgericht, unter anderem bei Auseinandersetzungen rund um das Thema Rente und Behinderung.

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Kommentare (1)

  • user
    Dagmar Joers
    am 13.10.2018

    Das ist mir nicht unbekannt. Mein Problem ist dagegen "klein". Nach einem schweren Herzinfarkt 2015 Kämpfe ich um einen GdB. Meine Pumpleistung lag zuerst bei 20 %. Durch eiserne Disziplin habe ich sie auf knapp über 40 steigern können. Ich bin in meiner Lebensqualität stark eingeschränkt. Ich war immer sehr sportlich, darf aber nichts mehr ausüben. Das Amt hat mir einen GdB von 10 angeboten.

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