Keine Grundrente bei Alterssicherung der Landwirte
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Wer in die Alterssicherung der Landwirte einzahlt, erlebt in vielen Aspekten identische Regelungen wie bei der Deutschen Rentenversicherung. So werden zum Beispiel die jährlichen Rentenanpassungen für beide Versorgungssysteme gemeinsam verabschiedet. Allerdings - bei der neuen Grundrente gibt es einen sehr wichtigen Unterschied.
Karin Friedrich* hatte es schon fast geahnt. "Wieder einmal falle ich durch alle Maschen durch", so die 62-Jährige aus dem Kreis Steinburg. Gemeint ist der neue Zuschlag über die Grundrente. Wer eine bestimmte Anzahl von Jahren in der Deutschen Rentenversicherung erfüllt hat und über eine nicht allzu große Rente verfügt, kann sich Hoffnungen auf einen Zuschuss machen.
Da Karin Friedrich seit 2005 eine Erwerbsminderungsrente bezieht und in jungen Jahren nicht viel einzahlen konnte, hat sie eine sehr kleine Altersrente zu erwarten. "Eine kleine Aufstockung über die neue Grundrente könnte ich da gut gebrauchen, mir hilft jeder Euro".
Doch leider gibt es da ein Problem: Karin Friedrich hat den größten Teil ihres Berufslebens gemeinsam mit ihrem Mann einen landwirtschaftlichen Betrieb geführt. Den Hof gibt es heute nicht mehr und somit auch keine Pachteinnahmen. Doch aus diesem Grund zahlte die heutige Witwe nicht in die gesetzliche Rentenversicherung ein, sondern in die Alterskasse der Landwirte.
Landwirtschaftliche Alterskasse - was ist das eigentlich?
Wie schon im Eingangstext erwähnt: Bei der Alterskasse für Landwirte handelt es sich um eine Körperschaft des Öffentlichen Rechts. Diese Organisation wurde also durch den Staat ins Leben gerufen, sie erbringt ihre Aufgaben im Auftrag des Staates - und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind dem öffentlichen Dienst gleichgestellt, teilweise sogar verbeamtet.
Auch die Regularien sind denen der Deutschen Rentenversicherung extrem ähnlich - wenn nicht sogar identisch. Angefangen von den schon angesprochenen jährlichen Rentenanpassungen bis zu den Voraussetzungen zur Erwerbsminderungsrente.
Nur bei der Grundrente, da gelten nun andere Regeln.
Grundrente für Landwirte?
Denn bei der neuen Grundrente sind Landwirtinnen und Landwirte nicht vorgesehen. 33 Jahre Grundrentenzeit muss man vorweisen können, um zumindest einen kleinen Zuschuss zu ergattern. Selbst wenn Sie in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt haben, sind diese 33 Jahre kein Selbstgänger - denn Arbeitslosigkeit oder Erwerbsminderungsrente werden nicht mitgezählt.
Wer als Landwirt aber in das Zwillingskonstrukt der Deutschen Rentenversicherung einzahlen musste - die Alterskasse der Landwirte - hat im Prinzip keine Chance. Diese Jahre werden bei der Grundrentenzeit nicht anerkannt.
Für Karin Friedrich ist das nicht nachzuvollziehen: "Ich habe immer gedacht, in Deutschland ist man abgesichert. Ich bin ja in keiner privaten Versicherung, die Alterskasse der Landwirte ist ja quasi die gesetzliche Rente für unsere Branche. Und jetzt soll ich deshalb bei der Grundrente leer ausgehen?"
Was sagt die Deutsche Rentenversicherung?
Wir wollten wissen, wie die Deutsche Rentenversicherung diese Sachlage sieht und haben in Lübeck nachgefragt. Pressesprecher Sebastian Bollig verweist auf die Rechtslage: "Nur Versicherte der gesetzlichen Rentenversicherung profitieren von diesem Zuschlag auf eine Rente. Berufsgruppen wie Landwirte, andere Selbständige sowie Beamte, Richter und Soldaten, welche nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert sind, können nur dann den Grundrentenzuschlag erhalten, wenn sie neben ihrer berufsständischen Altersvorsorge mindestens 33 Jahre sogenannte Grundrentenzeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegt haben."
Karin Friedrich kommt auf rund 18 Jahre, da sie unmittelbar nach dem Schulabschluss zunächst als Arzthelferin tätig war. Als die Kinder kamen und sie mit ihrem Mann den elterlichen Hof bewirtschaftete, musste sie in die Alterskasse der Landwirte wechseln.
Dort verweist man ebenfalls auf das Gesetz. Auf unsere Anfrage heißt es von der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG): "Eine Bewertung dieser gesetzlichen Regelung liegt nicht in unserer Kompetenz als ausführender Sozialversicherungsträger.“ Außerdem heißt es auf der Website: „Unabhängig vom Verdienst zahlen in der Alterssicherung der Landwirte alle einen einheitlichen Beitrag. Einkommensschwache Versicherte können zudem einen Beitragszuschuss erhalten.“ Also keine Berechtigung zur Grundrente.
Der Bauernverband Schleswig-Holstein hingegen weist auf eine neue Regelung zum Beitragszuschuss für einkommensschwache Landwirte hin, die seit April dieses Jahres in Kraft ist. Darüber hinaus schreibt Rechtsanwalt Hans-Heinrich von Maydell, dass „die Alterskassenrente dem Grundgedanken nach nur eine Teilrente für den Landwirt darstellen soll, die zusammen mit dem Altenteil bzw. den Pachteinnahmen aus dem Hof zusammen die Altersabsicherung des Unternehmers ergibt. Insofern passt die Grundrente als Absicherung für einkommensschwache Rentenempfänger nicht vollständig in das System der Alterssicherung für Landwirte.“
"Bei Beamten, die in einem komplett anderen Versorgungssystem untergebracht sind, kann man das verstehen", findet Alfred Bornhalm, Landesvorsitzender des SoVD in Schleswig-Holstein. Aber die Alterssicherung der Landwirte ist wie die gesetzliche Rente - nur eben für die Landwirtschaft. Wer hier eine kleine Rente hat und auf 33 Jahre kommt, sollte ebenfalls von der Grundrente profitieren können!"
So sieht es auch Karin Friedrich aus dem Kreis Steinburg: "Die jetzige Regelung ist nicht gerecht. Menschen wie ich fallen durch das soziale Auffangnetz, daher sollten Jahre aus der landwirtschaftlichen Alterskasse auch für die Grundrente mitzählen!"
* Name von der Redaktion geändert
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