Muss ich meinen Job kündigen, wenn das Krankengeld ausläuft?
Aktuelles Behinderung Gesundheit
Es ist ein Albtraum. Nach sechs Wochen Krankheit gibt es kein Gehalt mehr. Gut, Sie stehen jetzt nicht mittellos da. Denn die Krankenkasse überweist Ihnen Krankengeld. Aber das ist niedriger als Ihr bisheriges Nettogehalt. Und wie ist die Lage, wenn Sie nach anderthalb Jahren immer noch krank sind?
Das ist eine wichtige Frage, denn Krankengeld erhalten Sie höchstens eineinhalb Jahre lang. Um genau zu sein, sind es 72 Wochen, wenn Sie aus einem bestehenden Arbeitsverhältnis ins Krankengeld rutschen. Klingt erst einmal viel, doch auch diese Zeitspanne ist oftmals schneller vorbei, als uns lieb ist.
Wenn alles normal läuft, sind Sie aber faktisch immer noch im Angestelltenverhältnis unterwegs. Auch wenn Sie langzeitkrank sind. Ihr Arbeitsvertrag ruht in dieser Zeit.
Doch wie verhält es sich, wenn in einigen Wochen die Aussteuerung droht?
Aussteuerung = Ende des Krankengeldes
Der Begriff "Aussteuerung" bedeutet nichts anderes, als dass Ihr Anspruch auf Krankengeld endet. Ab diesem Zeitpunkt muss auch die Krankenkasse kein Geld mehr an Sie zahlen. Der Arbeitgeber ist aber auch raus - von wem gibt es jetzt also Kohle?
Die Antwort wird Sie vielleicht überraschen: Denn nun bekommen Sie Arbeitslosengeld. Ja, Arbeitslosengeld. Obwohl Sie eigentlich nicht arbeitslos sind. Denn wir wissen ja: Der Arbeitsvertrag ruht. Und daran ändert sich jetzt auch nichts. Um an Ihr Arbeitslosengeld zu kommen, müssen Sie NICHT kündigen.
Das ist wichtig zu verstehen: Sobald das Krankengeld ausläuft, bekommen Sie erst einmal Arbeitslosengeld. Vielleicht sind Sie so krank, dass Sie in der Zwischenzeit eine Rente wegen Erwerbsminderung beantragt haben. Oder Sie haben nur noch wenige Monate bis zum Eintritt in die Altersrente. Aber: Der Bezug von Arbeitslosengeld in dieser Situation ist nicht davon abhängig, dass Sie Ihren Job kündigen.
"Wenn das Krankengeld ausläuft, müssen Sie NICHT den Job kündigen. Sie bekommen Ihr Arbeitslosengeld auch so."
Christian Schultz, SoVD Schleswig-Holstein
Damit wir uns nicht falsch verstehen: Es kann Szenarien geben, in denen eine Kündigung doch irgendwann sinnvoll wird. Zum Beispiel dann, wenn Sie sich noch Urlaubsgeld auszahlen lassen wollen. Aber selbst dann sollten Sie sich vor einer solchen Entscheidung immer persönlich beraten lassen. Denn jede Situation ist anders. Und manchmal kann ein solcher Akt auch kontraproduktiv sein. Also, wenn die Aussteuerung bevorsteht: Unbedingt individuell beraten lassen. Damit Sie sich auf Ihre Genesung konzentrieren können. Und nicht auf den Behörden-Kram, dafür gibt es Profis.
Fazit
Es ist also nicht notwendig, Ihren Arbeitsvertrag aufzulösen, wenn demnächst das Krankengeld ausläuft. Ihren Anspruch auf Arbeitslosengeld können Sie auch dann ausreizen, wenn der Arbeitsvertrag ruht. Ob eine Kündigung angebracht ist, hängt von anderen Faktoren ab. Etwa der Frage, ob es demnächst in der Erwerbsminderungsrente weitergeht. Oder ob Sie es noch einmal mit einer Wiedereingliederung versuchen wollen.
Daher noch einmal unser gut gemeinter Rat: Bei Fragen rund um dieses Thema IMMER persönlich beraten lassen.
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Kommentare (10)
Marion Gorol
am 08.08.2024Hallo, ich heiße Marion, ich werde in einem Monat ausgesteuert und habe mich bereits beim Arbeitsamt gemeldet. Ich wurde wegen Mobbing am Arbeitsplatz krank geschrieben. Meine 23jährige Betriebszugehörigkeit hat mich bisher davon abgehalten zu kündigen. Leider hat sich die Situation eher noch verschärft, da der Mensch unter dem ich am meisten gelitten habe jetzt mein Vorgesetzter ist. Meine Frage ist: soll ich noch das BEM Gespräch in Anspruch nehmen, eine normale Kündigung schreiben oder einen Aufhebungsvertrag anstreben.
Ich würde sehr gerne wieder arbeiten und mich bewerben.
Christian Schultz
am 09.08.2024Hallo Marion, wir können hier im Forum keine individuellen Fälle klären, das wird Ihrem Anliegen nicht gerecht.
Rein finanziell macht es keinen Sinn, den Job zu kündigen. Aber Sie sollten sich in jedem Fall persönlich beraten lassen.
Ute
am 14.03.2024Hallo Peter,
ich werde demnächst wegen Krankheit ausgesteuert.
Wie sieht es denn mit meinem nicht genommen Urlaub aus?
Muss ich da einen Antrag stellen?
Herzliche Grüße
Christian Schultz
am 14.03.2024Hallo Ute, dazu haben wir neulich ein kurzes Video veröffentlicht: https://youtu.be/XK0W8VRt8c8?si=7Sl98MLqA2S1NPuD
Christof
am 12.03.2024Ich bin aktuell in der Reha und mein Krankengeld läuft in 2 Monaten aus hat die Krankenkassen geschrieben. Ich möchte wieder arbeiten, weiß aber nicht ob ich dazu in der Lage bin.
Soll ich mich trotzdem beim Arbeitsamt melden?
Christian Schultz
am 12.03.2024Ja, für alle Fälle. Damit stellen Sie sicher, dass Sie nach der Aussteuerung nicht ohne Geld dastehen.
Christine
am 01.03.2024Hallo
Ich war jetzt 78 Wochen krank.
Möchte versuchen wieder zu arbeiten bevor ich ausgesteuert werde.
Feiere jetzt alten Urlaub ab dann geht's wieder los.
Was passiert wenn ich nach ein paar Wochen wieder mit der gleichen Krankheit krank werde?
Habe mich vorsorglich bei der Agentur für Arbeit gemeldet.
Werde ich dann sofort ausgesteuert und bekomme Alg1?
Danke im voraus für Ihre Antwort
Gruß Christine
Christian Schultz
am 01.03.2024Hallo Christine, wenn Sie sich zwischendurch "gesund schreiben" lassen, ist das mit dem Bezug des Arbeitslosengeldes nicht so einfach. Dafür gibt es ja das Instrument der Wiedereingliederung, siehe hier: https://www.sovd-sh.de/aktuelles/meldung/hamburger-modell-wer-zahlt
Bevor Sie da irgendetwas in die Wege leiten, sollten Sie sich unbedingt persönlich beraten lassen.
Peter Müller
am 29.02.2024Hallo ich heiße Peter und bin an Krebs erkrankt und habe 50% Schwerbeschädigung und nach 1,5 Jahren ausgesteuert. Kann ich jetzt noch 2 Jahre arbeitslos sein? da ich ja 62 bin. Da ich nicht voll einsatzfähig bin mußte ich jetzt einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente stellen. Da wird das Geld wieder weniger so dass ich mit Arbeitslosengeld besser dran wäre Viele Grüße
Christian Schultz
am 29.02.2024Hallo Peter, wenn Sie vor der Erkrankung lange genug gearbeitet haben, besteht nun ein Anspruch auf Arbeitslosengeld von zwei Jahren.
Falls Sie jedoch in den Augen der Rentenversicherung so krank sind, dass Sie wirklich erwerbsunfähig sind - dann hat die EM-Rente Vorrang.
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