Für Arbeitslosengeld II („Hartz IV“ im SGB II) und Grundsicherung (SGB XII) schreibt der Gesetzgeber zum Jahr 2022 die Regelbedarfe fort, bemisst sie also wieder neu. Zum menschenwürdigen Leben reichen die neuen Sätze aus SoVD-Sicht nicht. Der Verband kritisiert die Höhe und die Berechnung.
Basis sind zwei Größen im Bundesdurchschnitt: zu 70 Prozent die Preise für Güter und Dienstleistungen, zu 30 Prozent die Nettolöhne und -gehälter (Mischindex). Beides ermittelt das Statistische Bundesamt. Schon lange sieht der SoVD diese Gewichtung kritisch und fordert, die Lohnentwicklung stärker zu berücksichtigen.
Drei Euro mehr und zwei für Kinder sind „blanker Hohn“
Von 2021 zu 2022 steigen die Regelbedarfe um 0,76 Prozent – ganze drei Euro. Für Kinder und Jugendliche unter 14 Jahren sind es sogar lediglich zwei Euro. Das sind die neuen Sätze:
• Alleinstehende, Alleinerziehende (Regelbedarfsstufe I): 449 Euro,
• Paare, Bedarfsgemeinschaften (Stufe II): pro Person 404 Euro,
• stationär untergebrachte Erwachsene (III): 360 Euro,
• Jugendliche 14–18 Jahre (IV): 376 Euro,
• Kinder 6–13 Jahre (V): 311 Euro,
• Kinder unter 6 Jahren (VI): 285 Euro.
Obwohl Verbände keine Gelegenheit zur Mitwirkung bekamen, nahm der SoVD Stellung zum Verordnungsentwurf – und kritisierte ihn scharf. Die geringfügige Erhöhung sei „blanker Hohn für alle Leistungsbeziehenden“, so SoVD-Präsident Adolf Bauer. Durch erheblich gestiegene Preise des täglichen Bedarfes führe sie de facto zu einer Kürzung für alle Betroffenen.
SoVD fordert: Rechenmodell endlich reformieren!
Das konterkariere das Ziel des Gesetzgebers, per Mischindex den realen Wert der Leistungen zu sichern, und unterstreiche den Reformbedarf. Schon beim Regelbedarfsermittlungsgesetz hatte der SoVD gefordert, die Dynamisierung so zu gestalten, dass der Abstand der Grundsicherungsbeziehenden zur gesellschaftlichen Mitte nicht immer größer wird.
Der Verband tritt dafür ein, die Sätze jährlich entsprechend der Lohnentwicklung fortzuschreiben, aber anhand der Preisentwicklung anzupassen, falls diese darüber liegt. „Auf diese Weise kann soziale Ungleichheit abgemildert und sozialer Exklusion begegnet werden“, so Bauer. Erneut kritisiert der Verband zudem die Methodik zur allgemeinen Berechung der Regelsätze als grundsätzlich ungeeignet, um tatsächliche Bedarfe zu ermitteln.
So liegen ihr die Ausgaben von Haushalten zugrunde, die selbst am Minimum leben. Willkürlich werden einzelne Posten gekürzt. Einmalige Anschaffungen sind nicht genug berücksichtigt. Um die Höhe eines menschenwürdigen Existenzminimums zu ermitteln, empfiehlt der SoVD dem Arbeitsministerium eine interdisziplinäre Sachverständigenkommission aus Wissenschaftler*innen, Verbänden, Gewerkschaften und Betroffenenorganisationen.
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