Neues Krankengeld: Muss ich 6 Monate am Stück gesund sein?
Aktuelles Gesundheit
Wenn Sie ernsthaft krank sind, haben Sie sich sicherlich schon häufiger mit dem Bezug von Krankengeld auseinandergesetzt. Bis zu eineinhalb Jahre lang kann man diese Lohnersatzleistung von der Krankenkasse bekommen. Erst einmal.
78 Wochen lang. So lange ist der maximale Anspruch auf Krankengeld in Deutschland. So steht es im Gesetz. Aber: Die meisten Menschen werden davon allenfalls 72 Wochen lang etwas haben. Warum das aber eine gute Nachricht ist, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Im Anschluss an das Krankengeld ist Ihre Krankenversicherung erst einmal raus. Geld gibt es dann allenfalls von der Arbeitsagentur. Oder in vielen Fällen sogar von der Deutschen Rentenversicherung - in Form einer Erwerbsminderungsrente. Falls Sie schon ein bestimmtes Alter erreicht haben, können Sie natürlich auch eine Altersrente beziehen.
Zweimal Krankengeld für die gleiche Krankheit
Doch manchmal kommt es vor, dass die Krankenkasse erneut Krankengeld zahlen muss. Nicht oft, aber es ist möglich. Und zwar über zwei verschiedene Wege.
1. Es handelt sich um eine völlig neue Erkrankung
Beispiel: Harald hat eineinhalb Jahre aufgrund einer schweren Depression Krankengeld bezogen. Eine Krankmeldung besteht aktuell nicht, nun wird ein Tumor festgestellt - und Haralds Arzt erstellt eine Krankmeldung aufgrund der Krebserkrankung. In diesem Fall entsteht ein komplett neuer Anspruch auf bis zu 78 Wochen Krankengeld.
2. Die alte Krankheit kommt zurück
Hier sind die Anforderungen für den neuen Krankengeld-Anspruch höher. Denn zunächst einmal muss die sogenannte Blockfrist ausgelaufen sein. Die beginnt ab der ersten Krankmeldung beim Arzt und läuft dann genau drei Jahre. Innerhalb dieser drei Jahre besteht Anspruch auf bis zu 78 Wochen Krankengeld. Das bedeutet: Wenn Sie nun für die gleiche Erkrankung Krankengeld beziehen möchten, muss zunächst die Blockfrist beendet sein.
Das ist die erste Voraussetzung.
Außerdem heißt es im Gesetz, dass Sie vor einem erneuten Krankengeld-Bezug mindestens sechs Monate lang
1. nicht wegen dieser Krankheit arbeitsunfähig waren und
2. erwerbstätig waren oder der Arbeitsvermittlung zur Verfügung standen.
Das klingt erst einmal kompliziert. Und tatsächlich erreichen uns zu genau diesem Punkt häufig Fragen unserer Mitglieder.
Besonders beliebt ist die Frage: Muss ich diese mindestens sechs Monate - in denen ich nicht "auf diese Krankheit" krankgeschrieben sein darf - am Stück "absitzen"? Oder ist es auch möglich, länger als sechs Monate zu warten - und dann aber insgesamt auf ein halbes Jahr zu kommen, in dem keine Arbeitsunfähigkeit besteht.
Die Antwort darauf steht im Gesetz. Dort heißt es "in der Zwischenzeit sechs Monate". Hier ist keine Rede davon, dass Sie diese Zeit zusammenhängend vorweisen müssen. Es ist also nur wichtig, dass Sie insgesamt mindestens ein halbes Jahr lang nicht aufgrund dieser ersten Erkrankung krankgeschrieben wurden. Dann kann ein erneuter Anspruch auf Krankengeld entstehen.
"Für den neuen Anspruch auf Krankengeld darf mindestens sechs Monate lang keine Krankmeldung für diese bestimmte Erkrankung ausgestellt werden. Ob dieser Zeitraum am Stück vorliegt oder nicht, spielt aber keine Rolle."
Christian Schultz, SoVD Schleswig-Holstein
Und dann der zweite Punkt: In diesen sechs Monaten müssen Sie nicht nur nicht krankgeschrieben gewesen sein. Zusätzlich müssen Sie auch noch gearbeitet haben - und über diesen Weg Beiträge an die Kasse geflossen sein. Oder Sie haben zumindest der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestanden.
Was bedeutet das? Also, entweder arbeiten oder Arbeitslosengeld beziehen. Aber beim Arbeitslosengeld müssen wir nun genauer hinschauen. Denn im Klartext heißt es im § 48 SGB V, dass Sie der "Arbeitsvermittlung zur Verfügung" stehen müssen. In der Regel ist das so, wenn Sie Arbeitslosengeld kassieren.
Aber nicht unbedingt nach dem Auslaufen des Krankengeldes.
Die Rolle der Nahtlosigkeitsregelung
Arbeitslosengeld bekommen Sie nach der "Aussteuerung" - also dem Ende des Krankengeldes -fast immer. Aber wenn der Medizinische Dienst der Arbeitsagentur Sie für so krank hält, dass Sie voraussichtlich auch in den kommenden sechs Monaten außer Gefecht sein werden, beziehen Sie das Arbeitslosengeld im Rahmen der sogenannten "Nahtlosigkeitsregelung".
In diesem Moment stehen Sie der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung. Sie bekommen zwar Arbeitslosengeld - aufgrund Ihrer gesundheitlichen Situation erwartet man von Ihnen aber nicht, dass Sie sich um einen neuen Job bemühen.
Diese Phase zählt also bei der oben genannten Frist von sechs Monaten nicht mit.
Das müssen Sie wissen, wenn Sie sich Hoffnungen auf ein zweites Krankengeld machen.
Fazit
Es ist also möglich, zweimal Krankengeld zu erhalten. Relativ unproblematisch ist der Sachverhalt, wenn es sich um komplett unterschiedliche Erkrankungen handelt. Doch selbst bei ein und derselben Krankheit sieht das Gesetz vor, dass Sie noch einmal Krankengeld erhalten können.
Dann allerdings nur, wenn die Blockfrist bereits abgelaufen ist. Außerdem müssen wenigsten sechs Monate vergangen sein, in denen keine Krankmeldung vorlag und Sie entweder gearbeitet oder der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestanden haben.
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Kommentare (12)
Anne
am 05.11.2024Hallo, Herr Schultz,
nach 5 stündiger Recherche zum Thema Blockfrist habe ich es leider immer noch nicht verstanden und frage deshalb konkret zu meinem Fall:
Krankschreibung wegen Depression vom 11.03.23 bis 30.07.23. Ab 26.08.24 bis 12.11.24 wieder Krankschreibung wegen psych. Probleme. Am 13.11.24 werde ich trotz weiterhin fortstehender psych. Erkrankung wieder arbeiten gehen, damit "es hinten raus" zur Rente reicht. Geplant ist, ab Juli 2025 mit erneuter AU wg. Depression über Krankengeld auszusteigen und dann über 2 Jahre ALG1 in die Altersrente für besonders langjährig Versicherte überzugehen. Die 45 Jahre Wartezeit habe ich im Oktober 2025 erfüllt. Wie ist das mit der Blockfrist in meinem Fall - was kann hier von der Krankenkasse zusammengerechnet werden bzw. wie viele Wochen hätte ich für dieselbe Erkrankung "noch übrig"? Der Plan: Renteneintritt: 01.08.2028, davor 2 Jahre ALG1 ab 01.08.2026, davor Krankengeld ab 01.07.2025 oder müsste ich mich noch länger auf der Arbeit durchschleppen? Vielen Dank im Voraus für Ihre Hilfe.
Christian Schultz
am 07.11.2024Hallo Anne, wir können hier im Forum nicht auf individuelle Fälle eingehen. Das wäre unseriös, weil man sich Ihre Situation genau anschauen muss. Wenden Sie sich gern an meine Kollegen in der Sozialrechtsberatung: https://www.sovd.de/sozialverband/organisation/landes-und-kreisverbaende
Peter
am 29.08.2024Ich bin seit März 2023 arbeitsunfähig und beziehe Krankengeld - noch bis 09/2024 (Ende der 78 Wochen). Eine Knie Vollprothese am linken Bein war der Grund. Die AU endete am 09.07.24.
Dann wurde am 11.07.24 am rechten Knie eine Vollprothese operiert. Die AU für das rechte Knie beginnt demnach am 11.07.24. In Bezug auf das Krankengeld: handelt es sich bei der 2. Knie OP um eine eigenständige Erkrankung da Ende der ersten AU (Knie links) und Beginn neuer AU (Knie rechts) zu sehen sind oder ist damit der "Hinzutritt einer weiteren Krankheit" gemeint?
Christian Schultz
am 29.08.2024Genau solche Fälle landen häufig im Widerspruch oder gar am Sozialgericht, weil es unterschiedliche Ansichten gibt: Hängen die Krankmeldungen miteinander zusammen oder nicht?
Hier im Forum werden wir das nicht aufklären können. Am Ende entscheiden darüber die jeweiligen Arztberichte.
Christine Brenner
am 26.04.2024Hallo, Herr Schultz,
muss für den wiederholten Bezug von Krankengeld bei derselben Erkrankung die Blockfrist und zusätzlich 6 Monate ohne Krankschreibung vorliegen oder fallen die 6 Monate in die Blockfrist?
Vielen Dank!
Viele Grüße
Christine Brenner
Christian Schultz
am 29.04.2024Hallo Christine, das ist egal. Die sechs Monate können auch komplett oder teilweise in der Blockfrist auftauchen.
Frank
am 25.04.2024Hallo Herr Schultz,
zählt eine einjährige berufliche Reha-/Integrationsmaßnahme, bei der man im Rahmen der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben Übergangsgeld von der Rentenversicherung bezieht, als "2. erwerbstätig waren oder der Arbeitsvermittlung zur Verfügung standen."?
Vielen Dank und viele Grüße,
Frank
Christian Schultz
am 25.04.2024Hallo Frank, ich weiß es nicht zu 100 Prozent. Aber ich gehe nicht davon aus, da Sie der Arbeitsvermittlung während solch einer Maßnahme ja nur unter Einschränkungen zur Verfügung stehen. Aber in diesem Fall empfehle ich Ihnen, dass Sie sich noch einmal individuell beraten lassen. Man muss sich Ihre Situation genau anschauen.
Thieme
am 25.04.2024Ich bin seit April 2023 arbeitsunfähig geschrieben auf eine Schulter OP.Nun wurde ich vor 4 Wochen am Spinalkanal operiert zählt das bei den 78 Wochen als Grund nochmal die 72 Wochen Krankengeld von der Krankenkasse zu erhalten. MfG
Christian Schultz
am 25.04.2024Wenn die zweite Erkrankung erstmals aktenkundig wird, während Sie noch wegen der ersten Krankheit arbeitsunfähig waren, entsteht kein neuer Anspruch auf Krankengeld. Mehr dazu hier: https://www.sovd-sh.de/aktuelles/meldung/neue-krankheit-neue-blockfrist-wieder-krankengeld
Udo
am 25.04.2024sehr guter Beitrag, danje dafür.
Frage hierzu: wenn der Versicherte sogar länger als die 6 Monate am Stück gearbeitet hat, aber wegen der Erkrankung zwischendurch ein / zweimal einen Tag krankgeschrieben war (wegen Nachsorge/ Kontrolluntersuchung bzgl. der vorausgegangenen Erkrankung), erlischt dann widerum der Anspruch auf das zweite mal Krankengeld?
Christian Schultz
am 25.04.2024Das ist kein Problem. Im Gesetz steht nichts davon, dass die sechs Monate am Stück vorhanden sein müssen.
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