Die rund 21 Millionen Rentner*innen in Deutschland erhalten höhere Bezüge. Zum 1. Juli steigen sie so stark wie seit Jahrzehnten nicht: um 5,35 Prozent im Westen und 6,12 im Osten. Neben dem Mitte Juni im Bundestag beschlossenen Rentenanpassungsgesetz gibt es noch mehr Neues, etwa endlich Zuschläge für Menschen, die schon länger in Erwerbsminderungsrente sind; nur leider zu gering und nicht sofort. Der SoVD begrüßt das Paket, findet jedoch: Es geht nicht weit genug – und das ganze Rentensystem ist für die Zukunft zu stärken!
Das erste Rentenpaket der Ampelregierung enthält im Wesentlichen drei Änderungen: Es passt die Rentenhöhe an – dieses Mal deutlich –, führt den Nachholfaktor wieder ein und bezieht bei den Erwerbsminderungsrenten diejenigen im Bestand ab 2001 mit ein.
Nachholfaktor dämpft die Erhöhung – trotz Inflation
Strittig ist der trotz Inflation wieder eingeführte Nachholfaktor. Er dämpft die Erhöhung – um auszugleichen, dass es die letztes Jahr eigentlich fällige Senkung nicht gab. Damals kam per Rentengarantie „nur“ eine Nullrunde, obwohl die Corona-Krise im Vorjahr 2020 mit Lohneinbußen verbunden gewesen war. Denn die Renten folgen den Löhnen.
Auch vor der Nullrunde waren die Renten gestiegen, aber weniger: im Westen um 3,45 und im Osten um 4,20 Prozent. Ein ähnlich großes Plus wie jetzt hatte es im Westen zuletzt 1983 und im Osten 1994 gegeben.
Auch Rentner in Grundsicherung müssen profitieren
Also steigen die Renten auch mit Nachholfaktor noch stark, betont die Politik. Hauptgrund sind höhere Löhne. Dass es hier gut aussieht, liege laut Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) an einer trotz Pandemie positiven Entwicklung am Arbeitsmarkt.
Dennoch kritisiert der SoVD, der Zeitpunkt großer Preissteigerungen sei der falsche, um Rentenerhöhungen zu dämpfen.
Überdies haben die, die ihre Rente mit Grundsicherung aufstocken müssen, von den Erhöhungen nichts. Hier fordert der SoVD höhere Freibeträge unabhängig von Beitragszeiten, damit etwas bei denen ankommt, die es besonders brauchen.
Erwerbsminderungsrenten im Bestand: ab 2024 mehr
Ein (Teil-)Erfolg ist für den SoVD, dass sich bei der Erwerbsminderungsrente endlich noch etwas tut: Auch die, die schon länger eine beziehen, sollen bald mehr bekommen. Präsident Adolf Bauer begrüßte, „dass eine langjährige Forderung des Sozialverband Deutschland nun endlich umgesetzt wird“. Nur seien die Zuschläge zu gering und kämen zu spät.
Schon mit den Rentenreformen der letzten Regierungen gab es Verbesserungen, doch lange nur für „Neuzugänge“. Der SoVD kämpfte gegen die Ungleichbehandlung der Erwerbs-minderungsrentner*innen im Bestand; auch in einem Musterverfahren mit dem VdK, das bis zum Bundesverfassungsgericht gehen sollte und noch läuft.
SoVD: Zuschläge kommen zu spät
Wer zwischen 2001 und 2018 in Erwerbsminderung ging, soll nun einen Zuschlag von 7,5 oder 4,5 Prozent erhalten, je nach Eintritt. Etwa drei Millionen Menschen sollen mehr bekommen. Das begrüßt der SoVD. Für eine völlige Angleichung aller Erwerbsminderungsrenten wären nach seinen Berechnungen allerdings Zuschläge von rund 13 und 8 Prozent nötig.
Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass diese Zuschläge bei den Erwerbsminderungsrenten im Bestand erst in zwei Jahren kommen, zum 1. Juli 2024. Dabei drängt gerade jetzt die Zeit: Wenn durch Krisen, Krieg und hohe Inflation das Leben rasant teurer wird, haben vor allem Menschen mit kleineren Renten Probleme, über die Runden zu kommen.
Kapitalstock ist falscher Weg zur sicheren Finanzierung
Aktuelle Rentendebatten drehen sich grundlegender um die Zukunft. Tatsächlich stellen sich Fragen wie: Was wird aus der gesetzlichen Rentenversicherung, wenn die Beiträge der Berufstätigen weiter sinken? Ist sie langfristig finanzierbar? Was ist, wenn sie nicht mehr aus eigenen Mitteln zahlen kann?
Hier gibt es Attacken auf das durch Beiträge umlagefinanzierte, aus SoVD-Sicht gute System, die es schwächen. Der Verband bewertet die gesetzliche Rente als stabil, zuverlässig und solidarisch – wenn sie gestärkt statt ausgehöhlt wird und Nachbesserungen an der richtigen Stelle ansetzen. Eine höhere Mindestrücklage etwa könnte ein wichtiger Punkt sein.
Die Diskussion ist trotzdem nötig. „Dazu gehört beispielsweise auch, über die Sinnhaftigkeit des im Koalitionsvertrag vereinbarten Kapitalstocks in Höhe von 10 Milliarden Euro zu reden“, so Bauer. Die teilweise kapitalgedeckte Rente ist für den SoVD keine Lösung. Sie ist weder nachhaltig noch sicher noch sozial, da sie das Risiko auch für Aktienmarkt-Krisen auf die Einzelnen abwälzt. Das Geld könnte man besser einsetzen: für bessere Leistungen, höhere Zuschläge bei Erwerbsminderung und ein Nachbessern der Grundrente.
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