Rente muss zum Leben reichen
Nach jahrelangen unerfüllten Versprechungen hat das Bundesarbeitsministerium (BMAS) jetzt den Referentenentwurf einer Grundrente für langjährige Geringverdiener mit 35 Beitragsjahren vorgelegt. Sowohl Altersarmut soll bekämpft als auch die Lebensleistung anerkannt werden. Aufgegriffen werden damit langjährige Vorstellungen des SoVD. Die vorgesehene Aufwertung der Rentenpunkte soll mit bis zu 0,8 sogar etwas höher bemessen werden. Als Ausfallzeiten sind allerdings nur Kindererziehung und Pflegeleistungen vorgesehen, während nach Auffassung des SoVD auch Zeiten der Arbeitslosigkeit zu berücksichtigen sind.
Die geplanten Freibeträge für eigen erworbene Rentenansprüche entsprechen ebenfalls langjährigen Vorschlägen des SoVD. Allerdings ist gerade hierbei die vorgesehene Bedingung von 35 Beitragsjahren nicht sinnvoll. Da erklärtermaßen die Anerkennung der Lebensleistung bei Niedriglohn im Vordergrund steht, sollte dies nicht weiter begrenzt werden.
Grundrente ohne Bedürftigkeitsprüfung
Der Vorschlag zur Einführung einer derartigen Grundrente steht und fällt jedoch mit der GroKo-Entscheidung über die Bedürftigkeitsprüfung. Nach Vorstellung von BMAS und SPD soll diese entfallen, und damit könnten etwa drei Millionen Niedrigrentner profitieren. Setzen sich CDU und CSU mit ihrer Forderung nach Abhängigkeit der Grundrente von der Bedürftigkeit durch, wären nur wenige Hunderttausend erfasst.
Dabei geht es um die Entscheidung, ob die wenigen wohldotierten „Zahnarztgattinnen“ mehr wert sind als die Millionen Niedrig- und Armutslöhner, die trotz jahrelanger Arbeit im Alter den unwürdigen Gang zum Sozialamt antreten müssen. Zudem ist hinlänglich bekannt, dass ein großer Teil der betroffenen älteren Menschen aus Sorge vor der finanziellen Belastung Angehöriger und Scham vor der Nachbarschaft die ihnen zustehenden Sozialleistungen gar nicht in Anspruch nimmt. Das im Koalitionsvertrag allerdings mit Bedürftigkeitsprüfung vorgesehene Grundrentenmodell liefe damit weitgehend ins Leere. Auch die Mütterrente mit zusätzlichen Rentenpunkten für die vor 1992 geborenen Kinder wird ohne jegliche Bedürftigkeitsprüfung geleistet.
Ein weiterer Pferdefuß ist die Finanzierung der Grundrente. Nach verschiedenen Erklärungen aus der Politik, allen voran von Bundeskanzlerin Angela Merkel, ist eine armutsfeste Rente als gesamtgesellschaftliche Leistung über allgemeine Steuern zu finanzieren. Die vom BMAS selbst vorgeschlagene Finanzierung sieht jedoch wieder Verschiebemanöver bei der Sozialversicherung vor. Es bleibt die Fortsetzung der Ausplünderung der Sozialkassen zu Lasten der Beitragszahler, wie dies bereits bei der Finanzierung der Mütterrenten erfolgt. Das unwürdige Gezerre in der GroKo um die seit Jahren überfällige armutsfeste Rente könnte zu einer weiteren bitteren Enttäuschung von Millionen Menschen führen.
Kommentare (0)
Sei der erste der kommentiert
Neuen Kommentar schreiben