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Sozialverband startet Kampagne für bessere Pflege

Pflege Gesundheit

Das Problem ist dringend, und doch reden wir in Deutschland schon seit Jahren darüber: Die soziale Pflegeversicherung ätzt unter stetig steigenden Eigenanteilen für Heimbewohner, einem drastischen Personalmangel und dem weit verbreiten Gefühl, dass sich der Sozialstaat in die falsche Richtung bewegt. Um die Pflege für die Zukunft sicher aufzustellen, liegen diverse Vorschläge auf dem Tisch. Im Rahmen einer neuen Kampagne stellt der Sozialverband Schleswig-Holstein fünf Forderungen für eine gute Pflege.

Sozialverband Schleswig-Holstein startet Kampagne für bessere Pflege

Einige unserer Vorschläge sind so alt wie die Pflegeversicherung selbst. Andere lesen Sie vielleicht zum ersten Mal. Allen Forderungen gemein ist, dass das System der Pflege wieder in die Lage gebracht werden muss, sich um das Wesentliche zu kümmern: Im Mittelpunkt muss der Mensch stehen.

1. Finanzausstattung endlich nachdrücklich verbessern

Die vor einem Vierteljahrhundert eingeführte Pflegeversicherung erweist sich mehr und mehr als reine Teilkasko-Versicherung. Sie deckt kaum mehr die tatsächlich anfallenden Kosten ab. Das nicht enden wollende Ausufern des Eigenanteils, der von Menschen in Pflegeeinrichtungen getragen werden muss, ist ein Skandal und mit dem Sozialstaatspostulat unvereinbar. Erforderlich ist ein signifikanter Steuerzuschuss in die Pflege, um mittelfristig eine Vollversicherung zu erreichen.

Die politische und gesetzliche Umwandlung des Solidaritätszuschlags in einen „Pflege-Soli“ würde die Pflege insgesamt entscheidend entlasten. Sie würde zugleich die unzweifelhaft notwendige Höhervergütung der Pflegefachkräfte sowie eine ebenfalls dringliche Neuausrichtung der Personalbemessung ermöglichen.

2. Steuerfinanzierte Lohnersatzleistung für pflegende Angehörige schaffen

Kinder zu erziehen, ist Elternsache – aber zugleich eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Deshalb gibt es für Eltern das Elterngeld. Doch was ist mit den rund 2,5 Millionen pflegenden Angehörigen?

Rund drei Viertel aller Menschen mit Unterstützungsbedarf werden in Deutschland zu Hause gepflegt – teilweise oder ausschließlich von Familienangehörigen, die nicht selten mit ihrem persönlichen Einsatz ein Armutsrisiko eingehen. Damit ihnen ihr Engagement finanziell „nicht auf die Füße fällt“, muss eine angemessene steuerfinanzierte Ersatzleistung für diesen Personenkreis eingeführt werden. Die zarten und temporären Ansätze des Pflegezeitgesetzes und des Familienpflegezeitgesetzes reichen bei weitem nicht aus.

3. Eine Versicherung für alle Bürgerinnen und Bürger

Wir leisten uns bei der Kranken- und Pflegeversicherung ein Zwei-Klassen-System. Private und soziale Versicherungsträger existieren in Deutschland nebeneinander – mit teilweise extremen Unterschieden, was Qualität und Zugänglichkeit angeht. Diese Schieflage ist vor dem Hintergrund wachsender sozialer Ungerechtigkeiten vor allem für wirtschaftlich benachteiligte Menschen nicht mehr hinnehmbar.

Die private Versicherung ist unverzüglich in die solidarische Finanzierung einzubeziehen. Die Lösung heißt: Eine Versicherung für alle – die Bürgerversicherung!

4. Gleiche Bezahlung für Alten- und Krankenpflege

In der Ausbildung ist die Zusammenlegung von Alten- und Krankenpflege bereits angelaufen. Bei der Bezahlung klafft zwischen Alten- und Krankenpflege nach wie vor ein immenser Unterschied. Das ist nicht fair! Wir sind der Meinung, dass alle in der Pflege beschäftigten Kräfte ordentlich entlohnt werden müssen. Dazu sind tarifgebundene Vergütungen und deutliche Gehaltserhöhungen unumgänglich. Die Unterschiede zwischen Alten- und Krankenpflege müssen unbedingt aufgehoben werden.

5. Mehr Menschlichkeit in der Pflege und im Krankenhaus – Kommunale Verantwortung stärken

Im Ärzte-Apell „Rettet die Medizin“ heißt es: „Es ist fahrlässig, Krankenhäuser und damit das Schicksal von Patient*innen den Gesetzen des freien Marktes zu überlassen. Niemand würde fordern, dass die Polizei oder Feuerwehr schwarze Nullen oder Profite erwirtschaften müssen. Warum also Krankenhäuser?“ Und wir ergänzen: Warum Pflegeeinrichtungen, für die das gleiche gilt?

Die Auslagerung aus dem öffentlichen Bereich und ihre Privatisierung, die Einführung von Fallpauschalen und die Klassifizierung nach Pflegegraden, die vorwiegend betriebswirtschaftliche Führung der Einrichtungen haben das Menschliche verdrängt. In Krankenhausbetrieben und in Pflegeeinrichtungen, die stark auf Rendite ausgerichtet werden, ist Zeit Mangelware. Und so bleiben am Ende nicht nur die Patienten auf der Strecke, sondern auch das stark unterbesetzte Personal, das längst an seiner Leistungsgrenze arbeitet.

Ein fundamentales Umdenken und die Umkehr von der Renditeorientierung zum verantwortlichen lokalen Handeln nach den tatsächlichen Bedarfen vor Ort muss stattfinden. Eine starke kommunale Steuerungsverantwortung ist dabei ein wichtiger Schlüssel.

Unterstützen Sie uns für eine gute Pflege. In Deutschland, in Schleswig-Holstein, in Ihrer Stadt.

Wenn Sie unsere Forderungen für eine bessere Pflege unterstützen, können Sie tatkräftig mithelfen. Bis zum Spätsommer 2020 werden wir Unterschriften sammeln. Mitmachen können Sie in einer unserer Beratungsstellen in ganz Schleswig-Holstein. Oder Sie drucken sich Ihre Liste selbst aus. Jede Unterschrift zählt!

Bei Fragen zur Kampagne wenden Sie sich gern an:

Christian Schultz
Referent für Sozialpolitik
Telefon: 0431 / 98 388 – 70
Mail: sozialpolitik(at)sovd-sh.de

Der Sozialverband Deutschland hilft in sozialen Angelegenheiten. Wir vertreten unsere Mitglieder bis zum Sozialgericht, unter anderem bei Auseinandersetzungen rund um das Thema Rente und Behinderung.

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Kommentare (1)

  • user
    Hans-Georg Stanull
    am 05.09.2020

    Ich finde es gut, dass pflegende Angehörige eine finanzielle Entlastung oder einen finanziellen Anreiz bekommen sollen. Aber in einer immer älter werdenen Gesellschaft werden auch die pflegenden Angehörigen immer älterund sind häufig im Rentenalter. Hier könnte man den Rentenfreibetrag für die Dauer der Pflege erhöhen.

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