1 Zusammenfassung des Referentenentwurfs
Der Referentenentwurf sieht die Fortschreibung der Regelbedarfsstufen nach § 28a SGB XII und des Teilbetrags nach § 34 Absatz 3a Satz 1 SGB XII vor. Die Fortschreibung der Regelbedarfe hat das Ziel, das gesetzliche Existenzminimum unter Berücksichtigung der Preis- und Nettolohnentwicklung zu gewährleisten. Die Berechnungsmethode wurde zuletzt im Rahmen des Bürgergeldgesetzes zum 01.01.2023 reformiert.
In einem ersten Schritt (sog. Basisfortschreibung) wird die Anpassung anhand eines Mischindexes berechnet, in den zu 70 Prozent die regelbedarfsrelevante Preisentwicklung und zu 30 Prozent die Nettolohnentwicklung einfließen. Verglichen wird der Zeitraum vom 1. Juli 2023 bis zum 30. Juni 2024 mit dem Zwölfmonatszeitraum davor. Aus der „Basisfortschreibung“ ergibt sich eine Erhöhung um 4,6 Prozent.
In einem zweiten Schritt (sog. ergänzende Fortschreibung) werden die Ergebnisse aus der Basisfortschreibung zusätzlich anhand der durchschnittlichen Entwicklung der regelbedarfsrelevanten Preise in dem Dreimonatszeitraum vom 1. April bis zum 30. Juni 2024 gegenüber dem gleichen Dreimonatszeitraum des Jahres 2023 fortgeschrieben. Dies soll Kaufkraftverluste aufgrund aktueller Preiserhöhungen berücksichtigen. Aus der ergänzenden Fortschreibung ergibt sich eine weitere Erhöhung um 0,7 Prozent.
Daraus ergäbe sich eine Anhebung der Regelsätze in der Regelbedarfsstufe I auf 539 Euro zum 01.01.2025. Weil aber die Regelsätze bereits zum 01.01.2024 von 502 auf 563 Euro angehoben worden waren, sind die berechneten neuen Regelbedarfe im Ergebnis niedriger als die derzeit gültigen.
Gemäß § 28a Abs. 5 SGB XII gelten darum die aktuellen Regelbedarfe solange weiter, bis sich aus der jährlichen Fortschreibung höhere Beträge ergeben. Es kommt folglich bei der Regelsatzfortschreibung zum 01.01.2025 zu einer sogenannten „Nullrunde“.
2 Gesamtbewertung
Aus SoVD-Sicht ist es wichtig, dass die jährliche Fortschreibung auf Grundlage von möglichst aktuellen Daten durchgeführt wird. Dadurch lassen sich inflationsbedingte Kaufkraftverluste abmildern, welche für Leistungsbeziehende existenzgefährdend sein können.
Deshalb begrüßt der SoVD, dass die neu eingeführte ergänzende Fortschreibung die Berücksichtigung von aktuelleren Preisentwicklungen ermöglicht. Außerdem ist die Besitzschutzregelung der Regelbedarfe nach § 28a Abs. 5 SGB XII zweckmäßig, da Senkungen der Regelbedarfe zu einer außerordentlichen Belastung für ärmere Haushalte führen.
Nach Ansicht des SoVD sollte jedoch ein Unterschreiten der Ergebnisse aus der Fortschreibung im Vergleich zu den geltenden Regelbedarfen und der damit verbundenen Nullrunde methodisch ausgeschlossen werden. Deshalb tritt der SoVD dafür ein, dass die Regelbedarfe jährlich entsprechend der Lohnentwicklung fortgeschrieben werden. Sollte die Preisentwicklung über der Lohnentwicklung liegen, erfolgt die Anpassung anhand der Preisentwicklung. Auf diese Weise wird die Kaufkraft des zuvor ermittelten menschenwürdigen Existenzminimums erhalten. Außerdem wird soziale Exklusion, bedingt durch eine unterschiedliche Entwicklung von Regelbedarfen und Nettolöhnen, vermieden.
Außerdem bekräftigt der SoVD seine Kritik an dem gesetzgeberisch gewählten Verfahren zur Regelbedarfsneuermittlung. In der derzeitigen gesetzlichen Ausgestaltung ist sie methodisch grundsätzlich ungeeignet, ein menschenwürdiges Existenzminimum zu ermitteln.
Zum einen weisen die Referenzgruppen Zirkelschlüsse auf, da Haushalte inkludiert werden, die aufstockende Leistungen beziehen. Da die Referenzgruppen nur die 15 Prozent (Einpersonenhaushalte) bzw. 20 Prozent (Mehrpersonenhaushalte) einkommensärmeren Haushalte umfassen, wird das Ergebnis außerdem durch Konsumverzicht aufgrund von verdeckter Armut oder Niedriglöhnen geprägt. Schlussfolgernd steht bereits im Vorfeld fest, dass die Regelbedarfe nicht für menschenwürdiges Existenzminimum ausreichen werden. Der SoVD fordert eine Neugestaltung der Referenzgruppen weiter in Richtung der gesellschaftlichen Mitte.
Außerdem werden bestimmte Ausgaben herausgerechnet, die als nicht regelbedarfsrelevant erachtet werden, zum Beispiel für Schnittblumen. Das bestehende Statistikmodell weist somit auch Elemente eines Warenkorbmodells auf, die sich jedoch ausschließlich mindernd auf den Regelbedarf auswirken. Das führt jedoch zu einer Unterdeckung in wichtigen Lebensbereichen. Zum Beispiel wurde bei der Regelbedarfsermittlung weniger Geld für Lebensmittel berücksichtigt als für eine ausgewogene Ernährung entsprechend der Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) notwendig wäre1. Sachrichtig wäre es deswegen, eine Plausibilitätsprüfung einzuführen, ob die regelbedarfsrelevanten Ausgaben tatsächlich für ein gesundes und nachhaltiges Leben sowie die soziale Teilhabe ausreichen.
Berlin, 09. September 2024
DER VORSTAND
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