Wird die Höhe des Krankengeldes angepasst?
Aktuelles Armut Gesundheit
Wie viel Krankengeld Sie bekommen, richtet sich nach Ihrem bisherigen Verdienst im Job. Wer jedoch längere Zeit aus gesundheitlichen Gründen ausfällt, kann mit einer Anpassung nach oben rechnen.
Im Rahmen unserer Sozialberatung erleben wir täglich Menschen, die schwer erkranken und aus diesem Grund auf Krankengeld angewiesen sind. Rein finanziell bedeutet der Übergang von der Lohnfortzahlung ins Krankengeld bereits einen Rückschritt. Im Durchschnitt können Sie mit einem Minus von etwa 20 Prozent rechnen - im Vergleich zu Ihrem bisherigen Netto-Einkommen.
Nicht selten zieht sich eine Krankheit nicht nur über mehrere Wochen hin. Wer ernsthaft erkrankt, hat damit häufig über mehrere Monate zu kämpfen. Manchmal auch Jahre. Und während es bei vielen Einkommensarten jährliche Anpassungen gibt - denken Sie zum Beispiel an das Rentenplus im Juli - stellt sich natürlich die Frage: Erfolgt nach einer gewissen Zeitspanne auch beim Krankengeld eine Korrektur nach oben?
Höhe Krankengeld: Wann gibt es mehr Geld?
Mit der guten Nachricht wollen wir gar nicht lange hinter dem Berg halten: Ja, es gibt eine Anpassung des Krankengeldes. Und zwar nach genau einem Jahr. Rechtlicher Hintergrund ist der Paragraph § 70 Abs. 1 SGB IX. Darin heißt es:
Die Berechnungsgrundlage, die dem Krankengeld [...] zugrunde liegt, wird jeweils nach Ablauf eines Jahres ab dem Ende des Bemessungszeitraums an die Entwicklung der Bruttoarbeitsentgelte angepasst und zwar entsprechend der Veränderung der Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer (§ 68 Absatz 2 Satz 1 des Sechsten Buches) vom vorvergangenen zum vergangenen Kalenderjahr.
Wie immer im Sozialrecht machen es uns die Gesetzestexte nicht ganz einfach zu verstehen, was hier genau vor sich geht. Schauen wir uns also die wichtigsten Inhalte einmal genauer an.
Nach "Ablauf eines Jahres ab dem Ende des Bemessungszeitraums" soll die Höhe des Krankengeldes also angepasst werden. Die Grundlage für die Höhe Ihres Krankengeldes ist immer das letzte Monatsgehalt vor der Arbeitsunfähigkeit. Zumindest dann, wenn wir hier auf mindestens vier Wochen kommen. Hierzu ein Beispiel:
Nicole aus Bad Segeberg geht am 21.09.2022 zum Arzt und lässt sich krankschreiben. Nach sechs Wochen Lohnfortzahlung fällt sie ins Krankengeld. Die Berechnungsgrundlage ist in diesem Fall der Monat August (01.08. - 31.08.2022). Also der letzte volle Monat vor ersten Krankmeldung.
Auf dieser Basis wird also auch Ihr Krankengeld errechnet.
Krankengeld-Anpassung nach einem Jahr
Wenn wir nun wieder in den Gesetzestext schauen, stellen wir fest: Nach "Ablauf eines Jahres ab dem Ende des Bemessungszeitraums" soll eine Anpassung stattfinden. In unserem Beispiel wäre das der September 2023. Also genau ein Jahr nach dem Monat, in dem die Berechnungsgrundlage für Nicoles Krankengeld zu finden ist.
Wie hoch fällt diese Anpassung des Krankengeldes nach einem Jahr aus? Das geschieht automatisch anhand der Entwicklung der deutschen Bruttogehälter. Wie hoch der prozentuale Anstieg für das relevante Jahr ausfällt, können Sie im Internet recherchieren. Zum 01.07.2022 etwa ergab sich hier ein Plus von 3,48 Prozent.
"Wer länger als ein Jahr Krankengeld bezieht, kann mit einer Anpassung nach oben rechnen."
Christian Schultz, SoVD Schleswig-Holstein
Fazit
Wie hoch Ihr Krankengeld ausfällt, hängt zuallererst davon ab, wie viel Sie kurz zuvor im Job verdient haben. Zieht sich Ihre Erkrankung jedoch länger hin, winkt eine prozentuale Anpassung. Diese orientiert sich - ähnlich wie die Höhe der gesetzlichen Renten - an der Höhe der Bruttolöhne in Deutschland.
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Kommentare (10)
Kristin
am 20.07.2023Hallo Christian,
vielen Dank für die vielen guten Informationen zu allen Themen, die zudem so verständlich erklärt sind. Ich empfehle sie auch regelmäßig "meinen" PatientInnen.
Nun habe ich eine Frage zu den "6 Monaten nicht wegen der 1. Diagnose arbeitsunfähig gewesen sein", bevor ein neuer Anspruch im neuen 3-Jahres-Zeitraum entsteht. Müssen diese 6 Monate im Block vor dem neue 3-Jahres-Zeitraum liegen oder zählt die Summe der Wochen nach Aussteuerung?
Vielen Dank im Voraus und beste Grüße
Kristin
Christian Schultz
am 28.07.2023Hallo Kristin, danke für das nette Feedback. Die sechs Monaten müssen nicht zusammenhängen.
Sabine
am 02.12.2022Lieber Herr Schultz,
ich habe nun doch noch ein paar Fragen bezüglich de Krankgengeldes:
Ich beziehe seit 01.11.2022 Krankengeld (krank seit 19.09.22). Wie lange kann ich Krankengeld beziehen, da ich bereits 2019/2020 (also vom 30.12.2019 einschl. 30.04.2020) Krakengeld bezog und abermals am 22.04.2022 (ein Tag länger als 6 Wochen krank gewesen)?
Muss ich der Krankenkasse mitteilen, dass ich in der Zwischenzeit (Mitte November) einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente gestellt habe?
Bin ich verpflichtet, diese „Einwilligung zur individuellen Beratung und Hilfestellung“ der Krankenkasse zurück zu schicken?
Vielen Dank für Ihre Rückmeldung.
Sabine
Christian Schultz
am 05.12.2022Hallo Sabine, ohne Einblick in Ihre Unterlagen kann man nicht sagen, wie lange Sie nun noch Krankengeld beziehen können. Fakt ist: Innerhalb der dreijährigen Blockfrist gibt es maximal 78 Wochen Krankengeld. Da ist die Lohnfortzahlung aber bereits mit drin: https://www.sovd-sh.de/aktuelles/meldung/neue-krankheit-neue-blockfrist-wieder-krankengeld
Den Antrag zur EM-Rente sollten Sie der Krankenkasse melden.. Und das mit der Einwilligung müsste man sich anschauen, dazu kann ich sonst nichts sagen.
Sabine
am 25.11.2022Hallo Herr Schultz,
Ich bin seit 10 Wochen krankgeschrieben, nachdem ich mich mehr als 5 Jahre gequält habe zur Arbeit zu gehen. Nun würde ich gerne versuchen, jetzt schon EM-Rente zu beantragen oder ist das zu früh?
Ich habe den Antrag bereits ausgefüllt aber nun hat sich noch kurzfristig eine Untersuchung ergeben mit einem Bericht, worin steht, dass mir eine Reha empfohlen wird. Soll ich den Antrag trotzdem weg schicken und hoffen, dass er nicht gleich abgelehnt wird sondern mich die Rentenversicherungsanstalt zuerst in Reha schicken möchte oder doch lieber zuerst einen Reha-Antrag stellen?
Und noch eine Frage: ich muss ja der Krankenkassse melden, wenn ich einen Reha-Antrag oder einen EM-Antrag stelle. Ändert das was in Bezug auf das Krankengeld?
Danke vielmals für Ihre Info's.
Sabine
Christian Schultz
am 25.11.2022Hallo Sabine, was in Ihrem Fall sinnvoller wäre, können wir hier im Forum leider nicht auflösen. In der Regel prüft die DRV aber eine Reha, wenn Sie eine Rente wegen Erwerbsminderung beantragen. Sie sind ja auch noch nicht lange "aktenkundig" krank. Auf den Bezug von Krankengeld hat das zunächst keine Auswirkungen. Erst das Ergebnis der Reha kann hier einen Unterschied machen.
Christian Schultz
am 28.11.2022Hallo Sabine, Sie können den Rentenantrag stellen, vermutlich wird die DRV ohnehin zunächst auf eine Reha bestehen. Ihr Bezug von Krankengeld endet erst, wenn die DRV wirklich Erwerbsminderung feststellt. Das kann auch im Rahmen der Reha passieren.
Bettina
am 24.11.2022Hallo, gilt das nur, wenn ich vor Eintritt der Krankheit gearbeitet habe? Bevor ich im Oktober 2021 Krankengeld bekam, war ich knapp 15 Monate arbeitslos. Findet auch hier eine Anpassung statt? Danke im Voraus für eine Rückmeldung. LG
Christian Schultz
am 25.11.2022Hallo Bettina, da bin ich mir nicht ganz sicher. Aber ich gehe davon aus. Auch nach Ablauf von zwölf Monaten.
Bettina
am 25.11.2022Hallo, ich habe mal gegoogelt. Leider bekomme ich nicht mehr. Hier der Text dazu, den ich gefunden habe:
Bezieher von Arbeitslosengeld I und Unterhaltsgeld
Bereits im Jahr 2003 wurde die Regelung ersatzlos gestrichen, dass das Krankengeld, welches aus dem Arbeitslosengeld I oder aus dem Unterhaltsgeld berechnet wird, dynamisiert wird. Das bedeutet, dass für Personen, die vor dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit Arbeitslosengeld I oder Unterhaltsgeld bezogen haben, das Krankengeld nicht dynamisiert wird.
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