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Mehr als 200.000 Unterschriften für den Inflationsausgleich übergeben

Aktuelles Rente Armut Pressemeldung

Am 15.06. wurden in parallelen Veranstaltungen in Kiel und Hamburg mehr als 200.000 Unterschriften an die Politik übergeben. In der Hansestadt zog eine Demonstration vor das Rathaus, um die Unterschriften an Finanzsenator Andreas Dressel zu übergeben, in Kiel wurde die Sammlung im Rahmen einer Kundgebung an den Bundestagsabgeordneten Mathias Stein überreicht. Das breite Bündnis aus Gewerkschaften, Sozial- und Wohlfahrtsverbänden hatte in den vergangenen Monaten sowohl ganz klassisch auf Papier als auch online über die Petitionsplattform Weact um Unterstützung für die Forderung nach einem Inflationsausgleich für Rentner*innen in Höhe von 3.000 Euro geworben. Nach den Vorstellungen des Bündnisses soll dieser Ausgleich steuer- und abgabefrei sein. Hintergrund der Kampagne sind die erkämpften Tarifabschlüsse der letzten Tarifverhandlungen. Auch Beamt*innen haben eine Kompensation für die Teuerung erhalten. Nach den Vorstellungen der Politik sollen Rentner*innen die gestiegenen Preise für Lebensmittel und Energie aber aus eigener Tasche zahlen, bzw. sich mit der moderaten Rentensteigerung begnügen. Dabei lagen die Rentenanpassungen der letzten Jahre immer unterhalb der Inflationsrate.

Das Bündnis verknüpft die Forderung nach einem Inflationsausgleich mit einer gesellschaftlichen Debatte um auskömmliche Renten. Die Altersarmut wird in den kommenden Jahren noch weiter zunehmen, wenn die geburtenstarken Jahrgänge ins Rentenalter kommen. Diese Gruppe ist stärker als vorangegangene Generationen von gebrochenen Erwerbsbiographien, längeren Ausbildungszeiten und auch Arbeitslosigkeit betroffen gewesen, was sich in der Rentenhöhe bemerkbar machen wird. Höchste Zeit also, dass die Politik endlich eine große Rentenreform in Angriff nimmt. Die aktuell diskutierten Maßnahmen werden auf keinen Fall ausreichen, um das Rentensystem wieder fit zu machen. Im Fall des geplanten Generationenkapitals sind sie sogar kontraproduktiv.

Als sich das Bündnis Ende des vergangenen Jahres gründete, waren schon alle Beteiligten von der Dringlichkeit und Relevanz des Themas überzeugt. Der Zuspruch, den die Unterschriftensammlung seit März erfahren hat, war überwältigend. Deshalb stellt die heutige Übergabe zwar einerseits einen Höhepunkt, andererseits aber nur einen weiteren Meilenstein im Kampf um ein gerechtes und auskömmliches Rentensystem dar. Während die Online-Petition weiter läuft, kommen täglich auch weitere Unterschriftenlisten bei den beteiligten Verbänden an. Der Zuspruch für die Forderung ist nicht nur auf Schleswig-Holstein und Hamburg begrenzt, sondern die Verbände erreichen Listen und Zuschriften aus allen Teilen der Republik. „Deshalb sammeln wir auch in den kommenden Monaten weiter, um
unserer Forderung auch in Berlin noch größeren Nachdruck zu verleihen“, so einer der Initiatoren des Bündnisses, Hans-Ulrich Stangen von den IG-Metall Senior*innen.
Von Anfang an stand für das Bündnis fest, dass die Forderung nach einem Inflationsausgleich mit dem Kampf um ein gerechtes Rentensystem verknüpft werden muss. „Deshalb werden wir den Schwung der Unterschriftenkampagne mitnehmen um uns mit unseren Positionen auch in die kommenden Wahlkämpfe einzumischen. Denn: Im Kampf für soziale Gerechtigkeit lassen wir uns nicht unterkriegen“, so das Bündnis abschließend.

Weitere Zitate:

Alfred Bornhalm, Landesvorsitzender beim SoVD:
„Wir müssen endlich wieder zu einem auskömmlichen Rentenniveau in Deutschland kommen. Eine Maßnahme, für die wir uns seit Jahren stark machen, ist die Erwerbstätigenversicherung, in die alle einzahlen, also auch Beamt*innen und Selbständige. Andere Länder machen uns vor, wie man ein Rentensystem zukunftssicher gestalten kann, die Bundespolitik darf sich hier nicht weiter wegducken.“ Stefanie Schmoliner von der IG-Metall ergänzt: „Altersarmut wird in Deutschland zu einem immer größeren Problem. Es ist zutiefst ungerecht, dass in einem der reichsten Länder der Erde immer mehr Menschen nach einem langen Berufsleben mit Renten abgespeist werden, die unterhalb der Armutsschwelle liegen. Mittlerweile ist das schon jede fünfte Rente!“

Ronald Manzke, Geschäftsführer beim VdK Nord:
„Die Europawahl hat uns den Verdruss der Menschen eindrucksvoll vor Augen geführt. Sie fühlen sich mit ihren alltäglichen Sorgen und Nöten von der Politik nicht ernst genommen. Dabei hält nicht allein das wirtschaftliche Wachstum die Gesellschaft zusammen, sondern vielmehr soziale Gerechtigkeit, soziale Sicherheit und das gesellschaftliche Miteinander. Die vielen Unterschriften für einen Inflationsausgleich für Rentner*innen sind ein starkes Signal, das die Politik nun endlich ernst nehmen muss.“

Kai Bellstedt, stellv. Präsidiumsvorsitzender AWO Landesverband Schleswig-Holstein e. V.:
„Die Arbeiterwohlfahrt akzeptiert keine Armut. Wir kämpfen für eine solidarische und gerechte Gesellschaft. Und wenn die gesetzliche Rente so wie sie heute ist, nicht ausreicht, müssen wir die gesetzliche Rente ändern. Denn heute ist das Rentensystem in Deutschland nicht solidarisch und es ist auch nicht gerecht. Die Diskussion um einen immer späteren Renteneintritt muss endlich aufhören. Wir brauchen eine Bürgerrente – alle sollen solidarisch einzahlen.“

Stephanie Schmoliner, 1.Bevollmächtigte und Geschäftsführerin IG Metall Kiel Neumünster:
„Wer in Arbeitszeiten für Steuereinnahmen durch seine und ihre Abgaben gesorgt hat, muss sich in Rentenzeiten darauf verlassen können, nicht in die Altersarmut zu rutschen. Dafür brauchen wir eine verlässliche und auskömmliche Rentenpolitik. Ein erster Schritt muss heißen: Ausgleich in Inflationszeiten für alle gerecht zu verteilen. Wir müssen die Kosten für uns alle in einer Erwerbstätigenversicherung abbilden und somit auch Gerechtigkeit bei der Rente erlangen. Das gibt Sicherheit im Alter, das gibt Schutz vor Altersarmut insbesondere bei Frauen und ist eine Antwort auf eine der drängenden Fragen der Zeit – nämlich nach sozialer Gerechtigkeit!“

Jürgen Fischer, Vorsitzender des Seniorenbeirats Stockelsdorf:
„Gerade hatte ich mit einem älteren Herrn (94-jährig) ein Gespräch, in dem er mir sein völliges Unverständnis für die Politik der jetzigen Regierung mitteilte. Seine Generation sei es gewesen, die Deutschland nach dem Krieg zum Wohlstand geführt habe und nunmehr müsse er mit ansehen, das vermehrt ältere Menschen die Tafel besuchen oder Pfandflaschen sammeln müssen. In einem reichen Land wie Deutschland ist das beschämend. Geld ist genug da, es ist nur ungerecht verteilt.“