Unter Rückgriff auf Daten des Statistischen Bundesamtes legte der Paritätische Wohlfahrtsverband heute in Berlin eine aktualisierte Neuauflage seines Armutsberichts 2022 (Berichtsjahr 2021) vor. Notwendig geworden war die Überarbeitung, da das Bundesamt nach bereits im letzten Jahr veröffentlichten Erstergebnissen zu den Armutsquoten jetzt Endergebnisse für das Berichtsjahr 2021 mit zum Teil gravierenden Abweichungen vorlegte.
Nicht 16,6 Prozent, sondern 16,9 Prozent betrug die Armutsquote in Deutschland im Jahr 2021 – von Armut betroffen waren damit nicht 13,8 Millionen Menschen, sondern 14,1 Millionen Menschen. Die Kinderarmut betrug nicht, wie zuerst berechnet, 20,8 Prozent, sondern 21,3 Prozent.
Mit einer Armutsquote von 15,6 % liegt Schleswig-Holstein zwar leicht unter dem Bundesdurchschnitt, doch wenn man die einzelnen Regionen näher betrachtet, wird ein großes Gefälle deutlich: In der Mitte (17,0%), im Osten (19,3%) und im Süd-Westen (18,2%) des Landes ist die jeweilige Armutsquote erschreckend hoch und weit über dem Bundesschnitt, einzig der Hamburger Raum (12,3%) sorgt in der Gesamtquote für eine scheinbare Erleichterung.
„Eine Armutsquote von 15,6% in Schleswig-Holstein ist wahrlich kein Grund zur Freude,“ sagt Michael Saitner, geschäftsführender Vorstand des PARITÄTISCHEN Schleswig-Holstein. „Seit Jahren müssen wir mitansehen, wie die Armut in allen Regionen ansteigt und die Quote für Schleswig-Holstein einzig durch den nicht nur sprichwörtlichen Speckgürtel um Hamburg auf den ersten Blick als nicht besorgniserregend wahrgenommen wird. Denn anders kann ich mir das Handeln der Landespolitik nicht erklären. Die Landesregierung darf sich nicht darauf ausruhen, dass Themen wie die Kindergrundsicherung oder das Bürgergeld auf Bundesebene entschieden werden, sondern muss Unterstützungsmaßnahmen für die konjunkturschwachen Regionen in unserem Bundesland in Angriff nehmen, die strukturell und langfristig geplant sind. Symptombekämpfung und Pflasterpolitik reichen hier schon lange nicht mehr aus!“
Alfred Bornhalm, Landesvorsitzender des Sozialverbands in Schleswig-Holstein ergänzt: „Wenn wir es auf den Punkt bringen wollen, ist fast jeder sechste Einwohner in Schleswig-Holstein arm. In weiten Teilen des Landes ist es sogar noch schlimmer. Das können und dürfen wir uns nicht leisten. Ministerpräsident Daniel Günther muss die Armutsbekämpfung endlich zur Chefsache machen! Ganz konkret fordern wir, dass der gerade erst aufgelegte Härtefallfonds dafür eingesetzt wird, dass finanziell benachteiligte Haushalte noch stärker als bisher bei den Energiekosten entlastet werden. Die Kreise müssen nun dringend dafür sorgen, dass Antragsberechtigte auch flächendeckend Zugang zu den Leistungen bekommen.“