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Altersarmut ist weiblich - stimmt das?

Aktuelles Rente Armut

Frauen sind besonders häufig von Altersarmut betroffen? Kann man diesen Satz so stehen lassen? Und falls ja - worin genau liegen die Ursachen? In diesem Beitrag liefern wir Ihnen konkrete Zahlen und blicken auf die Hintergründe der Armut im Alter.

Altersarmut ist weiblich - stimmt das?

"Altersarmut ist weiblich" - das hören wir häufig. Und ein Grund hierfür liegt in den immer noch sehr unterschiedlichen Zahlungen bei der Altersrente. Leider veröffentlicht die Deutsche Rentenversicherung ihre Daten immer mit einiger Verzögerung, so dass uns aktuell nur Zahlen aus dem Jahr 2020 vorliegen. Aber auch hier können wir interessante Schlüsse ziehen.

Denn in diesem Jahr betrug die durchschnittliche Altersrente im Bestand bei Frauen 800,28 Euro. Männer kamen immerhin auf eine durchschnittliche Zahlung in Höhe von 1227,39 Euro. Also ein wirklich eklatanter Unterschied. Betrachtet man nun die jüngere Entwicklung - also nur die Rentenzahlungen für diejenigen, die 2020 erstmals eine Altersrente erhalten haben, erkennen wir zumindest eine minimale Trendwende.

In der Grafik können Sie erkennen: Während die durchschnittlichen Altersrenten im Jahr 2020 bei Männern gegen den Trend rückläufig sind (1170,83 Euro), steigen sie bei Frauen vorsichtig an - auf jetzt 826,72 Euro. Mit solch einer Rente liegen Sie allerdings immer noch auf Niveau der Grundsicherung. Ein wirksames Werkzeug gegen Altersarmut stellt die gesetzliche Rente für Frauen demnach nicht dar.

Ist man mit kleiner Rente arm?

Mit dem exklusiven Blick auf die Rentenzahlungen scheint also festzustehen, dass Frauen im Durchschnitt eher von Altersarmut betroffen sind. Doch kann man das wirklich so bestimmt sagen?

Wir wollen im Rahmen dieses Blogs aufklären und keine Stimmung machen. Daher muss man sich die Situation genauer anschauen. Denn nicht nur die Rente ist mit Blick auf eine mögliche Altersarmut relevant, sondern vor allem die komplette finanzielle Situation im Haushalt.

Babette aus Eckernförde ist gerade frisch in die Altersrente eingetreten. Im Rentenbescheid steht, dass Sie eine Brutto-Rente von rund 560 Euro zu erwarten hat.

Allein betrachtet ist das ein Grund zur Sorge. Aber: Ihr Ehemann war viele Jahre Lehrer und bezieht mittlerweile eine Pension von mehr als 2500 Euro. Darüber hinaus nimmt das Ehepaar auch noch Geld aus einer Vermietung ein, etwa 450 Euro im Monat.

So betrachtet kann man mit Blick auf Babette nicht mehr von Altersarmut sprechen.

Der schonungslose Blick auf das Thema Altersarmut wird uns durch die Statistik zur Grundsicherung im Alter ermöglicht. Um es auf den Punkt zu bringen, sprechen wir an dieser Stelle vom "Hartz IV für Rentner". Denn nichts anderes ist die Grundsicherung - ein Leben am Existenzminimum.

Grundsicherung im Alter

Wer von der "Grusi" lebt, kommt als Alleinstehender aktuell auf 449 Euro. Außerdem zahlt das Amt die Miete, allerdings auch nur bis zu einer gewissen Höhe. Über den Daumen gepeilt kann man also sagen: Wer im Monat weniger als 800 Euro zur Verfügung hat, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit Anspruch auf die Grundsicherung haben.

Babette aus unserem Beispiel käme aber nicht zum Zug. Warum? Ihre Rente ist mit unter 600 Euro zwar sehr niedrig - bei der Grundsicherung wird jedoch auf das komplette Haushaltseinkommen geschaut. Und das liegt mit über 3000 Euro weit weg von einem Anspruch auf Grundsicherung.

Wir haben uns einmal die Zahlen für Schleswig-Holstein angeschaut - ebenfalls für das Jahr 2020.

In Schleswig-Holstein bezogen im Jahr 2020 rund drei Prozent aller Menschen ab 66 die Grundsicherung. In der Regel zusätzlich zur gesetzlichen Rente, weil diese nicht gereicht hat. Etwas mehr als die Hälfte davon sind Frauen.

Mit anderen Worten: Auch aus den offiziellen Zahlen zur Grundsicherung kann man nicht wirklich ableiten, dass Frauen deutlich mehr von Altersarmut betroffen sind als Männer. Aber bedeutet das, dass der viel zitierte Slogan "Altersarmut ist weiblich" falsch ist?

Altersarmut ist weiblich

Nein, falsch ist diese Aussage leider dennoch nicht. Denn neben der Grundsicherung hat sich in den letzten Jahren insbesondere die Armutsgefährdungsquote als besseres Instrument zum Messen von Armut durchgesetzt. Sie sind armutsgefährdet, wenn Sie weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens in Deutschland zur Verfügung haben.

Aus dem letzen Sozialbericht des Landes Schleswig-Holstein geht hervor, dass im Jahr 2018 - aktuellere Daten haben wir nicht - insgesamt 15,9 Prozent der Gesamtbevölkerung im Land unter diesem Wert lagen. Diese Menschen gelten offiziell als armutsgefährdet.

Bei Frauen im Rentenalter finden wir hier einen Wert von 14,4 Prozent, bei Männern 11,6 Prozent. Aber: Frauen, die allein leben, haben ein Armutsrisiko in Höhe von 20,4 Prozent. Das bedeutet: Jede fünfte Frau in Schleswig-Holstein, die allein lebt, gilt als arm.

Schlechte Bezahlung, Familienarbeit, Scheidung

Was können wir hieraus folgern? Es liegt nicht allein an der Rente, dass viele Frauen im Alter mit sehr wenig Geld auskommen müssen. Natürlich ist das ein wichtiger Grund, und immer noch verdienen Frauen in Deutschland im Schnitt 18 Prozent weniger als Männer. Mindestens genauso wichtig ist jedoch die soziale Situation. Wer alleinstehend ist, hat als Frau ein höheres Risiko, im Alter arm zu sein, als Männer.

Denn Frauen leisten in den allermeisten Fällen deutlich mehr unbezahlte "Care-Arbeit" in den Familien. Also Kindererziehung, Pflege von Angehörigen und allgemeine Tätigkeiten im Haushalt. Scheitert die Ehe irgendwann, kann durch einen Versorgungsausgleich zwar ein Teil der Rentenansprüche auf die Frau übertragen werden. Doch gerade dann, wenn insgesamt wenig Geld im Haushalt zur Verfügung steht, sehen sich Frauen einer finanziell schwierigen Situation im Alter ausgesetzt.

Fazit

Altersarmut ist also nicht nur, aber vor allem ein weibliches Problem. Das liegt zum Teil an den niedrigeren Renten. Doch zum Problem werden diese kleineren Ansprüche häufig dann, wenn es zu einer Trennung kommt. In diesem Fall zahlen Frauen oft die Zeche dafür, dass sie im Beruf kürzer getreten sind und deutlich mehr unentgeltliche "Care-Arbeit" geleistet haben.


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