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Demenz – oftmals hohe Hürden im Pflegealltag

Erkrankungen wie Alzheimer stellen Angehörige vor große Herausforderungen

Zeichnung von einem jungen Mann, der einen alten Mann hält und führt.
Sind Demenzkranke verunsichert, benötigen sie Zuspruch. Doch der Umgang mit emotionalem Verhalten ist nicht immer einfach. Grafik: nathings / Adobe Stock

In Deutschland sind mehr als vier Millionen Menschen auf Pflege angewiesen. Zum weitaus größten Teil sind es Angehörige, Freund*innen und Nachbar*innen, die eine Versorgung in häuslicher Umgebung ermöglichen. In jedem vierten dieser Haushalte spielt dabei eine Demenzerkrankung eine Rolle – Tendenz steigend. Die mit Pflege befassten Familien sind in der Folge körperlich wie auch seelisch besonderen Anforderungen ausgesetzt.

Die Pandemie hat uns in den letzten beiden Jahren eindringlich vor Augen geführt, welchen Stellenwert Pflege in unserer Gesellschaft hat, mehr noch: welchen Stellenwert sie haben sollte. Wir schulden den beruflich und privat Pflegenden Anerkennung. Deren Einsatz ist keinesfalls selbstverständlich.

Das gilt in besonderer Weise für die unentgeltlich pflegenden Angehörigen und ihr Umfeld. Sie versorgen die ihnen anvertrauten Menschen meist rund um die Uhr und nehmen hierbei für sich selbst oftmals finanzielle und auch gesundheitliche Nachteile in Kauf.

Umgang mit Demenz kann herausfordernd sein

Angehörige kommen meist unvorbereitet und ohne eine Planung zu ihren Aufgaben als Pflegekraft. Quasi über Nacht müssen sie sich in eine für sie ungewohnte Rolle einfinden. Bei der Betreuung von Menschen mit Demenz können schnell zusätzliche Probleme entstehen. Denn Betroffene reagieren aufgrund ihrer Erkrankung häufig verunsichert und emotional. Es kommt zu einer Änderung des Verhaltens, auch Depressionen, Aggressivität und Unruhe treten oft im Rahmen einer Demenz auf. Für nahestehende Personen ist es naturgemäß schwierig, damit umzugehen.

Derzeit werden rund zwei Drittel aller an Demenz Erkrankten von An- oder Zugehörigen versorgt. Nicht selten erstreckt sich eine Betreuung dabei über Jahre hinweg und wird mit dem Fortschreiten der Demenzerkrankung umfassender und herausfordernder. Um etwa schwierige Verhaltensweisen von Erkrankten im Alltag besser zu bewältigen, kann es helfen, sich über die Hintergründe und Auswirkungen von Demenz zu informieren.

Kommunikation möglichst auf emotionaler Ebene

Eine gute Anlaufstelle hierfür ist die Deutsche Alzheimer Gesellschaft. Diese weist unter anderem darauf hin, dass eine Demenzerkrankung oft eine starke Verunsicherung auslöst. Wenn Betroffene zum Beispiel Frustration oder Ärger empfinden, dann ist es wenig sinnvoll, an ihre Einsicht oder Vernunft zu appellieren. Hilfreicher ist es, das Erleben und die Gefühlswelt der Erkrankten nachzuvollziehen, um ihnen durch Verständnis und beruhigende Worte wieder Sicherheit zu geben.

Demenz: Risiko steigt mit dem Lebensalter an

Für unsere Gesellschaft wird Demenz zu einem wachsenden Problem. Jedes Jahr treten rund 300.000 Neuerkrankungen auf. Erklären lässt sich das durch eine höhere Lebenserwartung und die somit zunehmende Zahl älterer Menschen. Bereits heute ist jede zehnte Frau ab 65 Jahren von einer Demenz betroffen. Bei den Männer sind es rund sechs Prozent. Und je älter wir werden, desto höher ist auch unser individuelles Krankheitsrisiko. Dieser Entwicklung müssen wir alle uns stellen.

SoVD fordert mehr Unterstützungsangebote

Zum Handeln aufgefordert sind in erster Linie die politisch Verantwortlichen. Sie müssen etwa in der häuslichen Pflege endlich für mehr Entlastungs- und Unterstützungsangebote sorgen. Der SoVD setzt sich insbesondere für einen Ausbau und eine Stärkung der Tages- und Verhinderungspflege ein. Aus Sicht des Verbandes dürfen pflegende Angehörige grundsätzlich finanziell nicht benachteiligt oder schlechtergestellt sein.

Daher spricht sich der SoVD auf der Grundlage der sozialen Pflegeversicherung für eine solidarische Bürgerversicherung aus. Durch diese hätten alle Bürger*innen den gleichen Versicherungsschutz sowie unter den gleichen Voraussetzungen auch Zugang zu den benötigten Leistungen. 

Interview: „Ohne Angehörige wäre Pflege undenkbar“

Eine Vollkaskoversicherung wie bei Autos ist bei der Pflege von Menschen nicht vorgesehen. Es sind überwiegend An- und Zugehörige, die schon heute über drei Millionen Pflegebedürftige zu Hause versorgen. Was das im Einzelfall bedeutet und was sich politisch ändern muss, darüber sprachen wir mit Florian Schönberg, der das Thema Pflege als Referent für den SoVD-Bundesverband betreut.

Welchen Stellenwert hat Demenz pflegepolitisch?

Wenn zur meist altersbedingten Pflege noch eine demenzielle Erkrankung hinzukommt, ist das für Betroffene, aber auch für pflegende An- und Zugehörige, eine große Herausforderung und bringt sie schnell an ihre Belastungsgrenze. Ohne ihr Engagement aber würde unser gegenwärtiges System gar nicht funktionieren.

Was brauchen private Pflegende denn, um im Alltag bestehen zu können?

An- und Zugehörige kümmern sich in der Regel rund um die Uhr und das sieben Tage in der Woche. Enorm wichtig sind daher Angebote, die sie hierbei unterstützen und entlasten. Helfen können neben der Tages- und Nachtpflege auch die Verhinderungspflege oder Leistungen ambulanter Pflegedienste.

Kriege ich denn so schnell überhaupt einen Pflegedienst?

Das hängt vom regionalen Angebot und von der Auslastung ab. Der SoVD fordert seit Langem, dass die Unterstützung durch professionelle Pflegedienste in Deutschland flächendeckend sichergestellt werden muss. Hier zeigt sich leider noch immer der Pflegenotstand und der damit einhergehende Personalmangel.

Die Ampelkoalition ist seit einem guten halben Jahr im Amt. Packt sie die bestehenden Probleme an?

Bisher ist leider noch nichts passiert. Auf die große Pflegereform warten wir seit Jahren. Baustellen sind dabei neben der unzureichenden Finanzierung auch die fehlende Unterstützung häuslicher Pflege und die notwendige Stärkung professioneller Pflegeberufe.

Was muss denn aus Sicht des SoVD passieren?

Auf eine Notwendigkeit hat jüngst die Pflegebeauftragte der Bundesregierung, Claudia Moll, hingewiesen. Wie der SoVD auch, forderte sie einen Lohnersatz für pflegende Angehörige. Ähnlich wie das Elterngeld würde eine solche Leistung verhindern, dass pflegende An- und Zugehörige gezwungen sind, ihren Beruf aufzugeben. Unser Verband konnte 2019 erreichen, dass der Beirat der Bundesregierung für die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf eine entsprechende Empfehlung in seinen Bericht aufnahm.


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