Krank vor der Rente: Muss ich die Zeit hinten dranhängen?
Aktuelles Rente Gesundheit
Diese Frage erreicht uns immer wieder in unserer Sozialberatung: Wie sieht es mit meiner Rente aus, wenn ich in den Monaten - oder Jahren - davor zu krank zum Arbeiten bin? Verschiebt sich dann der Rentenbeginn nach hinten?
Um das zu beantworten, müssen wir uns zunächst anschauen, wie der Renteneintritt generell bestimmt wird. Und hier ist die wichtigste Komponente Ihr Geburtsdatum. Je früher Sie geboren sind, desto früher kommen Sie auch in die Altersrente. Das hat erst einmal nichts damit zu tun, wie es Ihnen gesundheitlich geht.
In der folgenden Tabelle sehen Sie eine Übersicht zur Regelaltersgrenze.
Hier können Sie sehen, dass Sie zum Beispiel erst mit 67 in die "normale" Altersrente kommen, wenn Sie 1964 oder später geboren wurden. Frühere Jahrgänge sind beim Renteneintritt etwas jünger.
Wichtig: Wir sprechen hier ausschließlich über die Regelaltersrente - also die mit dem gesetzlichen Renteneintrittsalter. Das liegt beim Jahrgang 1961 zum Beispiel bei 66 und sechs Monaten.
Doch die meisten Menschen entscheiden sich trotzdem für eine frühere Rente. Für diesen Weg gibt es unterschiedliche Optionen, die wichtigsten sind drei Formen der vorgezogenen Altersrente: die mit Schwerbehinderung, die nach 45 Versicherungsjahren und die "Rente mit 63". Mehr dazu in diesem Video:
Aber auch diese Optionen der "Frührente" werden in erster Linie von Ihrem Geburtsjahr beeinflusst. Hier ein Beispiel:
Harald aus Uetersen ist 1960 geboren. Sein regulärer Eintritt in die Rente wäre also eigentlich mit 66 Jahren und vier Monaten möglich.
Käme er auf 45 Versicherungsjahre in der Deutschen Rentenversicherung, könnte er abschlagsfrei sogar schon mit 64 und vier Monaten in Rente gehen. Mit hohen Abschlägen ginge es auch mit 63. Am frühesten käme er aber mit aktueller Schwerbehinderung in den Ruhestand: Bei einem Abschlag in Höhe von 10,8 Prozent würde die Rente ab 61 und vier Monaten laufen.
Sie sehen: Der Zeitpunkt, ab dem Sie in die Rente kommen, hängt zwar von mehreren Faktoren ab. Da wäre zum einen die Versicherungszeit in der Deutschen Rentenversicherung zu nennen. Aber auch die Frage, ob Sie einen Schwerbehindertenausweis inne haben.
Am Ende entscheidet aber vor allem Ihr Jahrgang, wann es was mit der Rente wird.
Vor der Rente krank
Jetzt betrachten wir eine besondere Konstellation. Sie nehmen nun nicht den üblichen Weg und "gleiten" direkt aus dem Job in die Altersrente. Nein, in diesem Szenario erkranken Sie schwer. Das bedeutet: Nach sechs Wochen Lohnfortzahlung gibt es kein Gehalt mehr, sondern Krankengeld. Was macht das nun mit Ihren Rentenplänen?
Wichtig ist erst einmal: Auch im Krankengeld sind Sie rentenversichert. Diese Phase zählt sowohl als Wartezeit für die oben genannten Varianten der vorgezogenen Altersrente. Außerdem werden im Bezug von Krankengeld auch Beiträge an die Rentenversicherung gezahlt.
Um es ganz deutlich zu sagen und mit diesem Vorurteil aufzuräumen: Wenn Sie schwer erkranken, müssen Sie nicht länger arbeiten - oder besser gesagt verloren gegangene Zeit "nacharbeiten".
"Eine Krankheit verschiebt Ihren Rentenbeginn NICHT nach hinten. Auch keine sehr schwere Krankheit."
Christian Schultz, SoVD Schleswig-Holstein
Selbst wenn das Krankengeld irgendwann ausläuft und Sie nach der "Aussteuerung" ins Arbeitslosengeld fallen, bedeutet das keinen späteren Ruhestand für Sie. Einzige Ausnahme: Es könnte sein, dass Sie aufgrund des Bezugs von Arbeitslosengeld erst einmal nicht auf 45 Versicherungsjahre kommen. Das ist einer wichtigen Ausnahme bei dieser Form der Wartezeit geschuldet - mehr dazu hier. In diesem Fall könnte es nötig sein, einen späteren Renteneinstieg zu wählen. Denn auf diese Weise könnten Sie Abschläge vermeiden oder zumindest minimieren. Aber hier sind wir schon richtig in den Details, die man in einer Einzelberatung klären müsste.
Noch einmal: Grundsätzlich bedeutet selbst eine ernsthafte und langwierige Erkrankung nicht, dass Sie später in die Rente kommen.
Im Gegenteil: Sollte die Krankheit chronisch sein, könnte dies zum Schwerbehinderten-Status führen. Und mit dem kommen Sie - wir haben es oben bereits angerissen - bis zu fünf Jahre früher in die Altersrente. Ohne Abschlag immer noch um zwei Jahre früher.
Fazit
Das Gerücht, dass Zeiten der Krankheit irgendwann vor der Rente nachgearbeitet werden müssen, ist falsch. Völliger Unsinn.
Es kann in bestimmten Situationen zu sehr negativen Folgen für Ihre Rente kommen, wenn Sie einige Jahre vorher schwer erkranken. Etwa durch geringere Rentenbeiträge oder den Bezug von Arbeitslosengeld. Finanziell ist eine langwierige Erkrankung also immer auch für die Rente ein Verlust.
Das bedeutet aber nicht, dass Sie durch diesen Umstand später in die Rente kommen. In den meisten Fällen führen gesundheitliche Einschränkungen eher zu einem früheren Renteneintritt. Möglich wird das häufig durch die Ausstellung eines Schwerbehindertenausweises.
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Kommentare (11)
Ralle
am 28.11.2024Moin, ich bin im April 1962 geboren und habe aktuell 47 Jahre in die Rentenkasse gezahlt. Nie Arbeitslos oder Krank gewesen. Wegen besonders Langjährige Beschäftigung könnte ich zum Januar 2027 die Rente beantragen. Um früher zu gehen, ohne Abzüge (!), welche Möglichkeiten habe ich?
Christian Schultz
am 28.11.2024Hallo Ralle, früher kommen Sie ohne Abschlag nicht in Rente. Sie könnten höchstens noch Kranken- oder Arbeitslosengeld vor der Rente erhalten. Aber dazu sollten Sie sich unbedingt persönlich beraten lassen.
Ingrid Ripplinger
am 30.04.2024Wie ist das bei Altersteilzeit, muss da die Krankenzeit nachgearbeitet werden bzw. verzögert sich dadurch der Rentenbeginn?
Bin Jahrgang 1964, habe aufgrund einer Krebserkrankung einen Behinderungsgrad von 70 Prozent und möchte 2026 mit 62 in Rente gehen.
Christian Schultz
am 30.04.2024Ja, in diesem Fall muss man die Zeit teilweise "nacharbeiten": https://www.hensche.de/Arbeitsrecht_aktuell_Altersteilzeit_Nacharbeit_Krankheit_ArbG-Duesseldorf_7Ca515-09.html#:~:text=%22Bei%20einer%20l%C3%A4nger%20als%206,Beginn%20der%20Freistellungsphase%20nach%20hinten.
Jablonski
am 25.04.2024Guten Tag,
ich werde Ende des Jahren 63 und habe im August d.J. die 45 Jahre voll. Wenn ich es jedoch aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr schaffe weiter zu arbeiten, kann ich von meinem Arzt ein Attest bekommen, das ich diese Arbeit nicht mehr ausüben kann. Wenn ich anschließend Arbeitslosengeld 1 beziehe und mit 64 und 6 Monaten (das wäre der Zeitpunkt für meine Rente ohne Abschlag) in Rente gehe, bekomme ich dann trotzdem Abzüge bei meiner Altersrente?
Für eine Antwort bedanke ich mich jetzt schon ganz herzlich.
Mit freundlichen Grüßen
Jablonski
Christian Schultz
am 25.04.2024Hallo Jablonsk, wenn Sie mit 45 Versicherungsjahren zu dem von Ihnen beschriebenen Zeitpunkt in die Altersrente für besonders langjährig Versicherte starten, gibt's die Rente ohne Abschlag. Definitiv.
Marili
am 08.02.2024Liebes Team,
ich verfolge schon einige Zeit ihre Infos, vielen Dank dafür. Ich habe jetzt eine Frage. Ich bin von 7/1961 und zur Zeit arbeitslos. Meine 45 Jahre habe ich bereits voll und könnte am 1.1.26 ohne Abschlag in Rente gegen. Das Arbeitslosengeld läuft bis Februar 25. Wenn ich im Februar krank würde, läuft dann 6 Wochen Krankengeld über das Arbeitsamt und danach über die Krankenkasse?
Viele Grüße
Christian Schultz
am 08.02.2024Hallo Marili, das ist theoretisch möglich. Sechs Wochen lang zahlt die Arbeitsagentur weiter das ist wie eine Art Lohnfortzahlung. Und danach gäbe es dann Krankengeld in Höhe des Arbeitslosengeldes.
Hildenbrand estelita
am 25.01.2024Vielen herzlichen dank für ihre verständliche doko
Vogt
am 30.01.2024Sehr geehrtes Team,
mich interessiert das Thema "Rente und Arbeiten". Rente empfangen und weiter im Betrieb arbeiten. Muss eine Lohnsteuerklasse verändert werden?
MfG
Arwed Vogt
Christian Schultz
am 31.01.2024Soweit ich weiß, landen Sie als arbeitender Rentner automatisch in Steuerklasse 6. Weil die Rente als Haupteinkommen angesehen wird.
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