Schon vor dem Krieg in der Ukraine waren die Energiepreise drastisch gestiegen. Doch nach Wladimir Putins Angriff auf die Ukraine mit all seinen furchtbaren Folgen für viele Millionen unmittelbar vom Krieg betroffene Menschen ist die Lage auch auf den Energiemärkten zugespitzt. Vor allem finanziell schwächere Haushalte bekommen die Folgen zu spüren. Auf die ausufernden Kostensteigerungen hat die Bundesregierung mit weiteren Entlastungsmaßnahmen reagiert. Davon sollen vor allem Gering- und Normalverdiener*innen profitieren. Der SoVD begrüßt die Hilfen und kritisiert zugleich, dass der weit überwiegende Teil der Rentner*innen bei der zuletzt beschlossenen Energiepreispauschale außen vor gelassen wird. Mit einem offenen Brief und Appell wendet sich SoVD-Präsident Adolf Bauer nun an die Bundesregierung.
Das jüngste Entlastungspaket, auf das sich die Bundesregierung nach langem Ringen Ende März einigte, umfasst ein ähnliches Volumen wie das erste, das die Koalition noch vor Kriegsbeginn auf den Weg brachte. Im Zentrum steht eine Energiepreispauschale von einmalig 300 Euro. Sie soll brutto allen einkommensteuerpflichtigen Erwerbstätigen in den Steuerklassen 1 bis 5 zugutekommen. Die Pauschale wird als Zuschuss zum Gehalt ausgezahlt. Der Betrag ist zu versteuern. Bei Selbstständigen wird stattdessen die Steuervorauszahlung gesenkt.
Menschen mit geringen und mittleren Einkommen haben demnach mehr davon als Spitzenverdiener*innen, die einen großen Anteil des Zuschlages über die Einkommensteuer zurück an den Staat zahlen.
Energiepreispauschale: Rentner*innen einbeziehen
SoVD-Präsident Adolf Bauer bewertet die Energiepreispauschale grundsätzlich positiv: „Sie wird zu einer deutlichen Entlastung für viele Menschen führen.“ Scharf kritisiert Bauer jedoch, dass Rentner*innen davon ausgenommen wurden: „Sie sind von den Teuerungen der letzten Monate ebenso betroffen!“
In einem offenen Brief wendet sich der SoVD-Präsident jetzt an die Regierungsfraktionen in der Ampel. Darin heißt es unter anderem: „Es gibt eine große Leerstelle, die wir im SoVD nicht akzeptabel finden: Die beschlossene Energiepreispauschale in Höhe von 300 Euro kommt ausdrücklich nur steuerpflichtigen Erwerbstätigen zugute.“ Bauer weist dabei auf den sehr hohen Anteil sogenannter „verschämter Altersarmut“ hin: „Diese Menschen – die eine Energiepreispauschale dringend benötigen – werden (ebenso) außen vor gelassen.“
Der SoVD verbindet den offenen Brief mit dem dringenden Appell, die Rentner*innen in den Kreis der von der Energiepreispauschale Begünstigten aufzunehmen. Damit reagiert der Verband auch auf zahlreiche Zuschriften von SoVD-Mitgliedern, die zutiefst enttäuscht über den vorgesehenen Ausschluss sind, während Erwerbstätige mit hohen und sehr hohen Einkommen zumindest anteilig von der Pauschale nutznießen sollen.
Einige Entlastungen standen schon vor dem Krieg fest
Die Energiepreispauschale ist jedoch nicht der einzige Schritt, den die Bundesregierung zur Dämpfung der steigenden Kosten unternommen hat: Bereits im Koalitionsausschuss vom 23. Februar einigte man sich auf Entlastungsmaßnahmen für Bürger*innen und Unternehmen. Zu den Beschlüssen zählen unter anderem die vorzeitige Abschaffung der EEG-Umlage ab dem 1. Juli 2022, die Anhebung des Arbeitnehmerpausch- und des Grundfreibetrages sowie die Fernpendler-Pauschale. Auch der Heizkostenzuschuss gehört dazu.
In diesem Zusammenhang hatte SoVD-Präsident Adolf Bauer vor Kurzem zwar die schnelle und gezielte Entlastung ärmerer Haushalte begrüßt, jedoch gleichzeitig die rückwirkende Anhebung der Pendlerpauschale auf 38 Cent bemängelt: „Die Pendlerpauschale bleibt klimaschädlich. Zudem profitieren höhere Einkommen überproportional, was soziale Ungerechtigkeiten in der Verkehrspolitik verschärft“. Zur Abschaffung der EEG-Umlage sagte er: „Noch besser wäre jedoch ergänzend eine Absenkung der Stromsteuer gewesen.“
Heizkostenzuschuss für ärmere Haushalte verdoppelt
Dass die Koalition am 17. März eine Verdoppelung des zuvor verabschiedeten Heizkostenzuschusses für Empfänger*innen von Wohngeld, BAföG, Bundesausbildungshilfe oder Ausbildungsgeld beschloss, begrüßte der SoVD hingegen ausdrücklich, nachdem er den Zuschuss zuvor als viel zu niedrig bewertet und eine Nachbesserung gefordert hatte.
Anders als zuerst vorgesehen, sollen alleinlebende Wohngeldempfänger*innen einen einmaligen Zuschuss von 270 statt 135 Euro zu ihren Heizkosten erhalten. Für Zwei-Personen-Haushalte sind 350 Euro vorgesehen. Student*innen mit BAföG sowie Bezieher*innen von Aufstiegs-BAföG und Berufsausbildungsbeihilfe bekommen jeweils 230 Euro. Alle Begünstigten bekommen das Geld direkt auf ihr Konto überwiesen.
Von den Einmalzuschüssen profitieren nach früheren Angaben rund 2,1 Millionen Bürger*innen, Alleinerziehende oder Menschen, die geringe Löhne beziehen, und – anders als bei der Energiepreispauschale – auch viele Rentner*innen. Die geplanten Hilfen sollen dabei möglichst noch ankommen, bevor die jährliche Nebenkostenabrechnung ansteht.
Kabinett beschließt weitere Hilfen für ärmere Familien
Das Bundeskabinett segnete außerdem weitere Hilfen für Familien ab: Ab Juli sollen Kinder und Jugendliche aus Familien, die auf Sozialleistungen angewiesen sind, 20 Euro mehr im Monat erhalten. Den „Sofortzuschlag“ hatten die Parteien der Ampelregierung in ihrem Koalitionsvertrag als Übergangsregelung vereinbart, bis die geplante Kindergrundsicherung eingeführt ist. Diese soll alle sozialen Leistungen für von Armut betroffene Kinder zusammenführen.
Die Ampelkoalitionäre sehen zudem eine Unterstützung von 200 Euro für Erwachsene vor, die Arbeitslosengeld II, Grundsicherung oder Sozialhilfe beziehen. Auch hier wurde die ursprünglich geplante Einmalzahlung von 100 Euro, die im Juli ausgezahlt werden soll, verdoppelt
Der SoVD begrüßt jede Hilfe, die Menschen mit geringem Einkommen bei den gewaltigen Energiekosten entlastet. Gleichzeitig bemängelt SoVD-Präsident Adolf Bauer deren mangelnde Zielgenauigkeit und Nachhaltigkeit: „Die Erhöhung der Einmalzahlung um weitere 100 Euro auf jetzt 200 Euro war zwar dringend notwendig, eine dauerhafte Lösung ist es aber nicht. Wir fordern weiterhin, die Regelsätze in der Grundsicherung nachhaltig auf ein bedarfsgerechtes Niveau anzuheben – kurzfristig mindestens um 100 Euro monatlich.“
Der SoVD-Präsident mahnt gleichzeitig, auch weitere Baustellen im Auge zu behalten, so etwa eine spürbarere Unterstützung für Grundsicherungsbeziehende als die längst verpuffte Zahlung von einmalig 100 Euro.
Hier geht es zum offenen Brief von SoVD-Präsident Adolf Bauer
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