Direkt zu den Inhalten springen

ALG nach Aussteuerung: Darf ich hinzuverdienen?

Aktuelles Gesundheit

Wenn Sie nach 78 Wochen immer noch nicht gesund sind, gibt es keine Unterstützung mehr von der Krankenkasse. Das Krankengeld ist ausgelaufen, Sie werden "ausgesteuert". Bei den meisten Betroffenen schließt sich nun das Arbeitslosengeld an. Aber wie ist das jetzt mit dem Hinzuverdienst?

ALG nach Aussteuerung - darf ich hinzuverdienen?

Die sogenannte "Aussteuerung" ist eine echte Stress-Situation für alle Patienten. Denn zu den gesundheitlichen Herausforderungen kommen nun noch finanzielle  - und manchmal auch bürokratische Schwierigkeiten hinzu. Worum genau geht es? Spätestens nach 78 Wochen läuft Ihr Krankengeld aus. Es ist nun so gut wie ausgeschlossen, dass Sie innerhalb der nächsten Monate noch einmal Kohle von der Krankenkasse erhalten.

Weiter geht es nun bei der Arbeitsagentur. Kleiner, aber wichtiger Einschub: Bei der Arbeitsagentur, nicht im Jobcenter. Das ist ein wichtiger Unterschied, über den Sie in diesem Artikel mehr erfahren.

Das eigentliche Problem liegt aber nicht darin, dass Sie nun Arbeitslosengeld beantragen müssen. Das ist schnell gemacht und sollte rund zwei Monate vor dem Ende des Krankengeldes erfolgen.

Ungemütlich wird es mitunter kurz nach dem Antrag. Denn nach der Aussteuerung ist Arbeitslosengeld nicht gleich Arbeitslosengeld.

Nahtlosigkeit oder keine Nahtlosigkeit?

Wenn Sie nach der Aussteuerung bei der Arbeitsagentur vorstellig werden, wird nicht nur geprüft, ob überhaupt ein Anspruch auf Arbeitslosengeld (ALG) besteht. Darüber hinaus entscheidet der Ärztliche Dienst der Agentur auch, ob in Ihrem Fall die Nahtlosigkeitsregelung zur Anwendung kommt.

Ausführliche Informationen zum großen Thema Nahtlosigkeitsregelung haben wir in diesem Beitrag zusammengefasst. Kurz und bündig müssen Sie wissen: Wenn der Ärztliche Dienst im Arbeitsamt zu der Einschätzung kommt, dass Sie auch in den kommenden sechs Monaten krank sein werden - dann greift die Nahtlosigkeitsregelung. Sie bekommen in diesem Fall Ihr Arbeitslosengeld. Außerdem werden Sie normalerweise aufgefordert, eine Reha bei der Deutschen Rentenversicherung zu beantragen. So wird festgestellt, ob Sie reif für die EM-Rente sind.

Falls die Nahtlosigkeit nicht zur Anwendung kommt, wird es kompliziert. Um jetzt trotzdem an Ihr Arbeitslosengeld zu kommen, müssen Sie sich nämlich - zumindest in der Theorie - um Arbeit bemühen. Obwohl Sie einen Arbeitsvertrag haben und schwer krank sind. Und genau an dieser Stelle ergeben sich bei vielen Menschen dann bürokratische und finanzielle Schwierigkeiten. Lassen Sie sich deshalb unbedingt sozialrechtlich beraten, sobald es bei der Aussteuerung brenzlig wird.

Nebenjob nach Aussteuerung

Jetzt aber zurück zur Ausgangsfrage. Bei Ihnen wurde die Nahtlosigkeitsregelung festgestellt, und Sie erhalten ALG I. Dürfen Sie in dieser ganz speziellen Situation einem Nebenjob nachgehen?

Die überraschende Antwort lautet: Ja, Sie dürfen. Solange es sich um eine Beschäftigung handelt, die maximal drei Stunden am Tag vereinnahmt, ist ein Minijob nach dem Krankengeld gesetzlich erlaubt. Eine ähnliche Regelung gibt es auch bei der vollen Erwerbsminderungsrente - selbst hier können Sie einen Minijob ausüben, ohne dass Ihre Rente gekürzt wird.

Aber: Seien Sie in diesem Szenario trotzdem vorsichtig. Der Bezug von Arbeitslosengeld nach dem Krankengeld kann problematisch sein. Nicht immer, aber es kommt durchaus vor. Ein Nebenjob, den Sie aktiv neben dem ALG I bestreiten, gießt da mitunter frisches Öl ins Feuer.

Fazit

Selbst nach der Aussteuerung, im Bezug von Arbeitslosengeld I, dürfen Sie theoretisch einer Nebentätigkeit nachgehen. Das kann zum Beispiel ein Minijob sein, aber auch eine selbstständige Tätigkeit. Wichtig ist: Ihr Job darf Ihnen pro Tag nicht mehr als drei Stunden abverlangen.

Dennoch ist der Minijob neben dem Arbeitslosengeld in diesem speziellen Szenario nicht immer ganz unproblematisch. Daher sollten Sie sich bei Bedarf rechtzeitig sozialrechtlich beraten lassen.


Kommentare (14)

  • user
    Carsten
    am 23.08.2024

    Hallo liebes SoVD Team,

    am 30.07. ging ich in die Geschäftsstelle meiner Krankenkasse, um mich nach einer ausstehenden Krankengeldzahlung zu erkundigen. Am Nachmittag erhielt ich ein Nachricht über die App, dass ich bereits seit dem 27.07. ausgesteuert bin und konnte mich erst am 01.08. beim Amt melden.

    Bereits 2023 stand ich kurz vor der Aussteuerung und hatte eine stufenweise Wiedereingliederung, die im Mai 2023 beendet war.

    Diese chaotische Situation hat Auswirkungen auf meinen gesundheitlichen Zustand.

    Welche Möglichkeiten habe ich, um dagegen vorzugehen?

    Vielen Dank

    Herzliche Grüße

    Carsten

    • user
      Christian Schultz
      am 23.08.2024

      Hallo Carsten, das ist schwer zu sagen ohne nähere Infos. Normalerweise werden Sie zwei Monate vor der Aussteuerung von der Krankenkasse angeschrieben. Wenn das nicht passiert ist, ist das schlecht. Ich empfehle Ihnen da eine persönliche Beratung.

  • user
    Madeleine
    am 04.07.2024

    Hallo,

    ich bin ausgesteuert, erhalte AlG1, mein Arbeitsverhältnis ruht und bin weiterhin durchgehend krank geschrieben. Der ÄD hat mich als vollschichtig arbeitsfähig eingeordnet, so dass ich mich bewerben muss etc.

    Muss ich einen Nebenjob (1-2Std/Tag geplant) dem Arbeitgeber melden und die Kündigungsfrist im Minijob angeben?

    Vielen Dank im voraus

    Madeleine

    • user
      Christian Schultz
      am 05.07.2024

      Hallo Madeleine, wenn Sie eine andere Beschäftigung aufnehmen, müssen Sie das dem Arbeitgeber auf jeden Fall melden. Das mit der Kündigungsfrist habe ich nicht verstanden.

  • user
    Michael Tappert
    am 02.04.2024

    Hallo zusammen

    Ich bin ausgesteuert seit dem 19.04 2023

    Bekomme Alg1.

    Bin aber von meinem behandelnen Psychoschologe noch bis einschließlich 17.04.2024 AU geschrieben. Meine Frage an Sie

    Darf ich einen Minjob ausführen

    Wenn ja wieviel Stunden

    Ich danke Ihnen im voraus für Ihre Antwort

    Mfg Michael Tappert

    • user
      Christian Schultz
      am 02.04.2024

      Hallo Michael, ganz streng genommen sind Sie ja nur für Ihre letzte Beschäftigung arbeitsunfähig geschrieben. Es ist also in aller Regel möglich, jetzt einen Minijob anzunehmen.

      In der Praxis führt das jedoch häufig zu Schwierigkeiten. Zum Beispiel mit der Arbeitsagentur, vielleicht aber auch mit der Rentenversicherung. Bitte lassen Sie sich unbedingt persönlich beraten.

  • user
    Christine Winkler
    am 04.12.2023

    Hallo liebes SVOD-Team,

    ich bin seit Juli 23 ausgesteuert und habe ALG1-Antrag bei Nahtlosigkeit gestellt. Ich bin immer noch au, was aber die AfA nicht interessiert. Auch hat der "ärztliche Dienst" mich voll arbeitsfähig beurteilt, obwohl ein EMR-Antrag bereits seit Mai diesen Jahres läuft und ich auch aus der Reha von der DRV als au und erwerbsgemindert entlassen wurde. Eine PsyReNa habe ich auch absolviert und bin au entlassen worden.

    Nun meine Frage: bei der Berechnung des Minijobbs, welchen ich seit Mai 21 ununterbrochen ausübe und auch nicht über die tägliche Grenze von 3 h hinaus geht, bekomme ich von der AfA nicht den höheren Freibetrag des Minijobs, da es hieß:" bei Bezug von Lohnersatzleistungen gilt der Nebenjob als NICHT AUSGEÜBT..." Hierüber habe ich lediglich ein Urteil vom BSG (Atenzeichen: B 7 AL 26/09 R) gefunden, aus welchem ich aber nicht so ganz schlau werde. Gibt es für die o.g. Aussage der AfA eine rechtliche Grundlage/ Paragraphen?

    Vielen Dank für eine kurze Antwort und VG Christine :)

    • user
      Christian Schultz
      am 05.12.2023

      Hallo Christine, davon habe ich noch nie gehört. Ich empfehlen Ihnen in jedem Fall, dass Sie sich persönlich beraten lassen.

  • user
    Nele
    am 16.01.2023

    Guten Abend,

    ich wurde im Dezember ausgesteuert und habe ALG1 beantragt. Ein Anspruch wäre gegeben, da ich in den letzten Jahren vor der Erkrankung durchgehend berufstätig war. Während der Krankheit habe ich meine Arbeit verloren. Ich bin weiterhin krankgeschrieben und habe auch bereits eine Reha beantragt. Dem Arbeitsamt habe ich alles dargelegt und auch angegeben, dass ich im Rahmen meiner Möglichkeiten (leidensgerechter Arbeitsplatz) für eine Vermittlung zur Verfügung stehe.

    Nun wurde mir zuerst mitgeteilt, dass ich vermutlich keinen Anspruch auf Alg1 habe, da ich seit der Aussteuerung weiter krankgeschrieben bin.

    Ich habe dem Sachbearbeiter erneut alles telefonisch dargelegt und auch die Nahtlosigkeitsregelung angesprochen.

    Seitdem habe ich immer noch keinen Bescheid erhalten und warte seit 4 Wochen. Seit 4 Wochen ist mir dadurch auch eine Lücke in der Krankenversicherung entstanden.

    Was kann ich tun, um endlich mein Geld zu bekommen und durch die Arbeitsagentur versichert zu werden?

  • user
    Haug
    am 04.10.2022

    Ich habe meine arbeit wegen krankheit verloren und beziehe Krankengeld darf ich einen nebenjob auf 450€ machen und dazu verdienen zu meinem Krankengeld ?

    Wäre nett mir zusagen ob ich das darf

    • user
      Christian Schultz
      am 05.10.2022

      Theoretisch ist das möglich. Denn Sie sind ja "nur" für Ihren Hauptjob oder die letzte Tätigkeit krankgeschrieben. In der Praxis führt das aber häufig zu Schwierigkeiten mit der Krankenkasse. Außerdem wird das Verdienst aus Ihrer Nebentätigkeit auf das Krankengeld angerechnet. Im echten Leben ist das also nicht sinnvoll.

  • user
    Ute Millert
    am 29.09.2022

    Sehr geehrte Damen und Herren,

    ich unterliege der Nahtlosigkeitsregelung und erhalte 393,30€ im Monat vom Arbeitsamt, parallel läuft über den SoVD HH ein Klage auf Erwerbsminderungsrente. Jetzt ist in unserem Freundeskreis durch einen Reitunfall (Mutter erleidet Beckenbruch) eine Situation eingetreten, wonach die Mutter für ihr 2 monate altes Baby Hilfe benötigt, was von der Krankenkasse bewilligt wurde, 6 Stunden die Woche Std.10€. Ich würde hier gerne helfen, gibt es Hinzuverdienstgrenzen, da ich meine Zahlungen innerhalb der Nahtlosigkeit vom Arbeitsamt nicht verlieren möchte.

    Für eine Antwort wäre ich Ihnen dankbar.

    Mit freundlichen Grüßen

    Ute Millert

    • user
      Christian Schultz
      am 30.09.2022

      Hallo Ute, grundsätzlich gelten die Grenzen wie im Beitrag oben geschildert. Aber ich empfehle Ihnen, dass Sie vor dem Beginn der Arbeit Kontakt zur Arbeitsagentur aufnehmen und diese Frage dort persönlich klären.

Neuen Kommentar schreiben

Das Feld Name muss ausgefüllt sein.
Bitte geben Sie Ihren Namen ein.
Das Feld E-Mail muss ausgefüllt sein.
Die eingegebene E-Mail Adresse ist nicht korrekt.
Der Kommentar darf nicht leer sein.
Bitte stimmen Sie der Datenschutzbestimmungen zu.

Mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.