Direkt zu den Inhalten springen

Das Dilemma mit dem ALG I bei der 45-jährigen Wartezeit für die Rente

Aktuelles Rente Armut

Der Bezug von Arbeitslosengeld gefährdet die Rente nach 45 Versicherungsjahren. Diese Aussage trifft zu. Aber nur in einer ganz bestimmten Situation. Da wir zu diesem Punkt immer wieder neue Anfragen bekommen, bringen wir nun mit diesem Artikel etwas Licht ins Dunkel.

Das Dilemma mit dem ALG I bei der 45-jährigen Wartezeit für die Rente

Bevor wir die wichtigsten Fragen beantworten, müssen wir zwei Begriffe klären. Einmal das "Arbeitslosengeld" und außerdem die "Rente". In diesem Beitrag geht es ausschließlich um den Bezug von Arbeitslosengeld I. Wir müssen das voranstellen, weil es hier immer wieder Verwechslungen mit dem Arbeitslosengeld II (Bürgergeld) gibt.

Arbeitslosengeld I - oder auch einfach nur "Arbeitslosengeld" - erhalten Sie immer dann, wenn Sie zuvor lange genug in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt haben. Nur wenn dieses Geld nicht ausreicht oder wenn Sie keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld haben, gibt es Bürgergeld. Das Arbeitslosengeld zahlt die Arbeitsagentur, das Jobcenter ist für das Bürgergeld zuständig.

Und nochmal: In diesem Beitrag beschäftigen wir uns nur mit Arbeitslosengeld.

Nur Arbeitslosengeld zählt bei der 45-jährigen Wartezeit

Nun zum Begriff "Rente". Die Rede ist von einer 45-jährigen Wartezeit. Diese kommt ausschließlich bei der Altersrente für besonders langjährig Versicherte zum Tragen. Diese zeichnet sich durch folgende Merkmale aus:

  • Sie können maximal zwei Jahre vor dem gesetzlichen Renteneintrittsalter in die Rente gehen - und zwar abschlagsfrei
  • Dafür muss eine 45-jährige Wartezeit erfüllt werden - mehr dazu finden Sie hier

In unserem Beitrag geht es nun um den Zusammenhang zwischen dieser 45-jährigen Wartezeit und dem Bezug von Arbeitslosengeld. Denn grundsätzlich zählt das Arbeitslosengeld (ALG I) hierbei mit.

Ein Beispiel:

Peter aus Itzehoe hat in seinem Leben 46 Jahre versicherungspflichtig gearbeitet. Nur einmal war er arbeitslos, mit Anfang 50. In dieser Zeit musste er ein Jahr lang Arbeitslosengeld beziehen.

Diese Phase wird bei der 45-jährigen Wartezeit berücksichtigt. Insgesamt kommt Peter also auf ganze 47 Jahre Wartezeit. Damit übererfüllt er das Kriterium für die Altersrente für besonders langjährig Versicherte.

Da er Jahrgang 1961 ist, könnte er zwei Jahre früher abschlagsfrei in Rente gehen - mit 64 und sechs Monaten.

Anders sähe es aus, wenn Peter anstelle von Arbeitslosengeld nur Bürgergeld bzw. "Hartz IV" erhalten hätte. Das wird bei den 45 Jahren nicht anerkannt.

Ausnahme unmittelbar vor Rentenbeginn

Doch wie so oft im Sozialrecht gibt es selbst beim Arbeitslosengeld eine wichtige Ausnahme in Bezug auf die 45-jährige Versicherungszeit. Und zwar in den letzten 24 Monaten, bevor Ihre abschlagsfreie Rente losgeht. Falls Sie in dieser Zeit ALG I beziehen, überweist die Arbeitsagentur zwar Rentenbeiträge. Diese Zeit zählt aber nicht bei den 45 Jahren mit.

Das müssen Sie wissen, wenn Sie den Einstieg in Ihren Ruhestand planen. Die abschlagsfreie Rente gibt's nur, wenn die 45 Jahre komplett sind.

Kommen wir auf unser Beispiel zurück:

Sollte Peter erst zwei Jahre vor seinem Rentenstart arbeitslos werden, bekommt er zwar ALG I. Aber diese Zeit wird nicht bei der 45-jährigen Wartezeit angerechnet.

In Peters Fall ist das nicht schlimm, da er bereits vor dem Jobverlust auf 45 Versicherungsjahre kommt. Sollte das aber nicht so sein, müsste er sich etwas überlegen.

Das alles ist noch gut nachzuvollziehen. Unsere Mitglieder kommen aber immer wieder mit folgender Frage in unsere Sozialrechtsberatung:

Was ist, wenn ich mit Anfang 60 zwei Jahre Arbeitslosengeld beziehe - die Rente aber erst zwei weitere Jahre später bekomme? Zählt das ALG I dann doch als Wartezeit?

"Nur die letzten 24 Monaten vor dem Rentenstart sind kritisch. Ansonsten zählt der Bezug von ALG I bei der 45-jährigen Wartezeit mit."

Christian Schultz, SoVD Schleswig-Holstein

Diese Frage ist ganz leicht zu beantworten: Arbeitslosengeld ist Wartezeit. Auch bei der Altersrente für besonders langjährig Versicherte. Die einzige Ausnahme bildet das Zeitintervall unmittelbar vor dem Beginn Ihrer abschlagsfreien Rente. Die letzten 24 Monate vor dem Rentenstart.

Sollten Sie bis zur ersten Rentenzahlung irgendetwas anderes machen - arbeiten, Leben als Privatier oder was auch immer - dann können Sie Ihre Zeit bei der Arbeitsagentur getrost bei der 45-jährigen Wartezeit mit einplanen.

Fazit

Im Gegensatz zum Bürgergeld verursacht ALG I für Ihre Rentenplanungen nur selten Schwierigkeiten. Allenfalls wenn Sie in der zweijährigen Lücke zwischen Job und Rentenstart Arbeitslosengeld beziehen müssen, sollten Sie wachsam sein. Und notfalls einen Minijob aufnehmen und über diesen Weg die 45-jährige Wartezeit komplettieren.

Am besten lassen Sie sich spätestens mit Anfang 60 noch einmal persönlich beraten. Dann klappt's auch mit dem gewünschten Rentenbeginn.


Kommentare (19)

  • user
    Herbert
    am 24.11.2024

    Hallo Herr Schulz,

    vielen Dank für Ihre sehr sympathischen und kompetenten Beiträge bzw, Videos zu Rentenfragen !

    Ich habe folgende Voraussetzung :

    - Geburtsdatum ist der 04.11.1962

    - lt.aktuellem Rentenbescheid habe ich am 31.05.2025 die 45 jährige Wartezeit erreicht.

    - frühestmöglicher Rentenbeginn am 01.12.2025 für langjährig versicherte mit 13,2 % Abschlag

    Ich habe folgende Planung :

    - weiter arbeiten bis zum 31.12,2025 um dann 45+ Jahre Wartezeit zu erreichen und 63 Jahre alt zu sein

    - im Januar 2026 selbst zu kündigen und ALG1 zu beantragen (mit einer entsprechenden Sperrzeit von etwa 12 Wochen)

    - AlG 1 bis zum 01.08.2027 beziehen ( dann 64,8 Jahre alt ) um dann abschlagsfrei die Rente für besonders langjährig

    Versicherte zu beziehen .

    Sind meine Überlegungen nach derzeitigem Recht so korrekt und wann gilt man als rentennaher Jahrgang ?

    Vielen Dank für Ihre Unterstützung

    Herbert

  • user
    Jörg Dostmann
    am 16.10.2024

    Hallo Christian,

    am vergangenen Wochenende habe ich wieder eine Renteninformation erhalten. Ich bin Baujahr 1963 und seit 09.1981 in Arbeit. Es gab allerdings 1984 nach der Lehre eine 9-monatige Arbeitslosigkeit.

    Wie ich der Information entnehme, werden diese 9 Monate nur für die Berechnung angerechnet, aber nicht bei der Berechnung der 45 Jahre berücksichtigt. Dadurch habe ich noch 41 Monate bis zum Erreichen meiner 45 Jahre, anstatt meiner Berechnung nach nach 32 Monaten. Stimmt das so?

    Viele Grüße

    • user
      Christian Schultz
      am 16.10.2024

      Hallo Jörg, das könnte ich nur bestätigen, wenn ich mir die Unterlagen selbst anschauen würde. Hier im Forum geht das nicht. Bitte wenden Sie sich an meine Kollegen in der SoVD-Sozialrechtsberatung.

  • user
    Britta
    am 23.09.2024

    Ich habe in den 90ger 4 Jahre in den Niederlanden gearbeitet, zählt diese Zeit zu den 45 Jahren hinzu oder wird die Zeit anders berechnet. In NL habe ich alle Abgaben entrichtet, wird dies mit unserer Rente verrechnet?

    • user
      Christian Schultz
      am 23.09.2024

      Ich gehe davon aus, dass die Zeit mitzählt. Aber das können Sie in Ihrer Rentenauskunft erkennen. Wenn noch Fragen offen sind, am besten direkt bei der DRV nachfragen.

  • user
    Yannick
    am 22.07.2024

    Guten Tag,

    ich habe durch einen Arbeitgeberwechsel eine Lücke von zwei Tagen für die ich mich nicht arbeitslos gemeldet habe. Könnte mir dies zu einem späteren Zeitpunkt im Bezug auf den früheren Renteneintritt ein Problem machen?

    Würde mich über ein kurzes Feedback freuen.

    • user
      Christian Schultz
      am 22.07.2024

      Hi Yannick, das ist kein Problem: Damit ein Monat für die Renten-Wartezeit fehlt, reicht bereits ein Tag Arbeit.

  • user
    Dirk
    am 14.06.2024

    Ich habe folgende Frage.

    ich bin in 7-jähriger Altersteilzeit (im Moment noch aktiv) und zum 01.09.29 dann aus der Passivphase raus. Dann bin ich 63 Jahre und habe ich die 45 Jahre voll.

    Kann ich mich mit aktueller Gesetzgebung dann Arbeitslos melden und mit 65 Jahre Abschlagsfrei die Rente beantragen.

    Vielen Dank

  • user
    Ralph Mügge-Edlefsen
    am 09.05.2024

    Hallo, ich bin Jahrgang 10/1960, 45+ Jahre habe schon gearbeitet. Die Voraussetzungen für die Rente für besonders langjährig Versicherte sind erfüllt. Ich könnte somit nach 64J und 4 Monate, ohne Abzüge zum 01.03.2025 in die vorgezogene Rente gehen. Zur Zeit bin ich ungekündigt beschäftigt. Nach meiner Recherche wäre mein ALG1 ab 01.03.2025 höher als meine Rente, daher frage ich sie. Sollte ich dann nicht besser in den 24 Montigen von Bezug ALG1 wechseln und erst mit 66J und 4 Monate, also zum 01.03.2027 in Rente gehen? Damit erhöht sich doch ebenfalls meine Rente zu diesem Zeitpunkt. Ist dieses Beispiel möglich?

    Herzliche Grüße,

    Ralph Mügge-Edlefsen

    • user
      Christian Schultz
      am 10.05.2024

      Hallo Ralph, das ist möglich. Allerdings müssen Sie sich dann im Arbeitslosengeld um einen neuen Job bemühen. Zumindest theoretisch.

  • user
    Axel
    am 16.04.2024

    Hallo, ich habe eine Frage: bin Rueckkehrer aus dem Ausland mit Anwartschaftversicherung mit 61, Bezug ALG 1 von 61-63, dann ein Jahr ( oder so) "Privatier", dann Rente. Zaehlt die von 61 bis Renteneintritt vollstaendig als Wartezeit, oder "stoert" die ALG1 -Zeit, d.h. muesste ich in der Zeit irgendwie arbeiten? Ich wuerde die gesamte Zeit wie auch jetzt in der Auslandszeit Beitraege einbezahlen. Besten Dank!

    • user
      Christian Schultz
      am 17.04.2024

      Hallo Axel, Sie beziehen das Arbeitslosengeld ja nicht in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn. Insofern wird es sowohl bei der 35- als auch der 45-jährigen Wartezeit angerechnet.

  • user
    Sabine Pahlke
    am 15.04.2024

    Ich bin Jahrgang 1961 und beziehe Arbeitslosengeld. Durch Ihre Beiträge habe ich alle Fragen die ich zur Rente hatte ganz verständlich erklärt bekommen. Danke für die ausführlichen Beiträge im Newsletter. Liebe Grüße Sabine

    • user
      Christian Schultz
      am 15.04.2024

      Danke für das positive Feedback, das freut uns sehr!

  • user
    Paul
    am 28.03.2024

    Hallo, ginge die Variante, wenn das ALG 1 vor dem Rentenbeginn nur 23 Monate gezahlt wird und man im 24. für einen Monat einen Minijob machen würde?

    • user
      Christian Schultz
      am 28.03.2024

      Hallo Paul, dann würde dieser eine Monat als Wartezeit zählen.

      • user
        Paul
        am 01.04.2024

        Vielen Dank ????

Neuen Kommentar schreiben

Das Feld Name muss ausgefüllt sein.
Bitte geben Sie Ihren Namen ein.
Das Feld E-Mail muss ausgefüllt sein.
Die eingegebene E-Mail Adresse ist nicht korrekt.
Der Kommentar darf nicht leer sein.
Bitte stimmen Sie der Datenschutzbestimmungen zu.

Mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.