Mit Krankheit in die Rente retten?
Aktuelles Rente Behinderung Gesundheit
Mit Ende 50 oder Anfang 60 geht bei vielen Menschen in Deutschland gar nichts mehr. Der Betrieb schließt, Stellen werden abgebaut oder - noch schlimmer - die Gesundheit spielt nicht mehr mit. Nun ist vor allem wichtig, irgendwie in die Altersrente zu kommen. Möglichst ohne Abschlag. Aber wie geht man richtig vor?
Am Ende des Berufslebens kämpfen viele Menschen mit gesundheitlichen Problemen: Rückenschmerzen, Krebserkrankungen oder psychische Belastungen - das sind nur einige der Katastrophen, die häufig ab Mitte 50 auftreten. Also in der Zeit, in der viele das erste Mal in ihrem Leben richtig krank werden. Chronisch krank.
Wer älter als 58 ist und zuvor mindestens vier Jahre als Angestellter tätig war, kann nun bis zu 24 Monate Arbeitslosengeld beziehen. Hierbei handelt es sich um eine wichtige Brücke in die Altersrente.
Aber diese zwei Jahre reichen nicht immer aus. Je nach Jahrgang beginnt die frühestmögliche Altersrente erst mit 62. Und das auch nur, wenn Sie eine Schwerbehinderung vorweisen können. Was ist noch machbar, wenn die Lücke zwischen dem Hier und Jetzt und dem Rentenbeginn drei Jahre oder länger ist?
Die "Lösung" kann der Bezug von Krankengeld sein.
Wichtiger Hinweis: Selbstverständlich richtet sich diese "Lösung" nur an Menschen, die am Ende des Berufslebens unter erheblichen gesundheitlichen Einschränkungen leiden. Nur dann ist eine dauerhafte Krankschreibung überhaupt möglich.
Krankengeld? Ja - das Krankengeld ist eine Lohnersatzleistung, die normalerweise dann gezahlt wird, wenn Sie im Job gesundheitsbedingt länger als sechs Wochen ausfallen. Nach der sechswöchigen Entgeltfortzahlung, in der Sie weiterhin Gehalt erhalten, muss die Krankenkasse für Ihren Lebensunterhalt löhnen. Rechnen Sie mit ungefähr 20 Prozent weniger im Vergleich zum bisherigen Netto-Einkommen.
Das Krankengeld kann dann maximal eineinhalb Jahre fließen, nach der Lohnfortzahlung 72 Wochen lang.
Krankengeld: Vor oder nach dem Arbeitslosengeld?
Krankengeld VOR ALG
Der übliche Weg bei schweren gesundheitlichen Problemen läuft folgendermaßen: Sie arbeiten, fallen immer häufiger im Job aus und werden irgendwann dauerhaft krankgeschrieben. Ihr Arbeitsvertrag ruht in dieser Zeit.
Sie beziehen Krankengeld, maximal eineinhalb Jahre. Wenn diese Zahlung endet - wir sprechen von der sogenannten "Aussteuerung" - beantragen Sie Arbeitslosengeld. Trotz Krankheit. Trotz Arbeitsvertrag. Sie sind zu diesem Zeitpunkt bereits 58 Jahre alt und haben vorher mindestens vier Jahre lang gearbeitet? Dann können Sie jetzt noch bis zu zwei Jahre lang Arbeitslosengeld beziehen.
Insgesamt können Sie auf diese Weise eine Kluft von dreieinhalb Jahren überwinden. Wenn die früheste Altersrente - mit hohen Abschlägen - der 63. Geburtstag ist, kann das bereits viel wert sein.
So läuft es in den allermeisten Fällen. Doch wie sollen Sie verfahren, wenn Sie Ihren Job bereits verloren haben?
Krankengeld IM Arbeitslosengeld
Möglicherweise waren die gesundheitlichen Strapazen so groß, dass Sie einen Aufhebungsvertrag mit Ihrer Firma geschlossen haben. Oder Sie haben sich "kündigen lassen", um beim Arbeitsamt keine Sperre zu riskieren.
All diesen Szenarien ist gemein, dass Sie nun keinen Arbeitsvertrag mehr haben und Arbeitslosengeld erhalten. Ab 58 bis zu zwei Jahre lang. Wie kommt nun das Krankengeld ins Spiel?
Falls Sie sich während des Bezugs von Arbeitslosengeld krankschreiben lassen, zahlt die Arbeitsagentur erst einmal weiter ALG I. So, als ob nichts passiert wäre. So wie ein Arbeitgeber bei der Lohnfortzahlung.
Aber sollten Sie länger als sechs Wochen arbeitsunfähig (also offiziell krankgeschrieben) sein, muss in diesem Fall die Krankenkasse einspringen. Auch jetzt gibt es Krankengeld - und zwar in Höhe des bisher gezahlten Arbeitslosengeldes.
Auch jetzt kann das Krankengeld theoretisch bis zu eineinhalb Jahre lang gezahlt werden. Ihr Restanspruch auf ALG ruht in dieser Zeit. Nach der "Aussteuerung" könnten Sie diesen immer noch beziehen. Ab einem Alter von 58 könnte man also auch über diesen Weg bis zu dreieinhalb Jahre lang überstehen, bis dann hoffentlich die Altersrente auf Sie wartet.
Fazit
Sie sind Ende 50 oder Anfang 60 und können aufgrund Ihrer chronischen Erkrankung nicht mehr dauerhaft arbeiten? Sie sehnen die Altersrente herbei, haben das erforderliche Alter aber noch nicht erreicht?
Dann ist in gewissen Situationen eine Lohnersatzleistungs-Brücke von bis zu dreieinhalb Jahren zu realisieren. Bestehend aus Kranken- und Arbeitslosengeld. Beachten Sie bitte, dass dieser Weg im echten Leben recht komplex sein kann. Insbesondere der Kontakt mit der Krankenkasse während des Bezugs von Krankengeld kann Betroffenen viel abverlangen. Sie werden also mit hoher Wahrscheinlichkeit eine persönliche Beratung benötigen.
Diese ist auch dann angeraten, wenn es darum geht, welche Form der Altersrente nun für Sie am sinnvollsten ist. Vielleicht ist ein Antrag zum Schwerbehindertenausweis sinnvoll. Vielleicht können Sie noch über einen Minijob wichtige Versicherungszeiten ansparen, um in eine Rente ohne Abschlag zu wechseln.
Daher empfehlen wir dringend eine persönliche, sozialrechtliche Beratung - zum Beispiel beim SoVD.
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Kommentare (6)
Claus Müller
am 04.03.2024Wer 1,5 Jahre Krankengeld bezieht (zum Beginn des KG beginnt auch die 3-jährige Blockfrist zu laufen!) und danach ausgesteuert wird, kann wie beschrieben, bis zu 2 Jahre Arbeitslosengeld-1 erhalten (z.B. durch Nahtlosigkeitsregelung, oder Arbeitssuche).
In diesen 2 Jahren bezahlt die Arbeitsagentur auch die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung (vermutlich mit Anspruch auf Krankengeld, ist mir aber nicht genau bekannt, eventuell ist hier "der Haken").
Damit läuft die Blockfrist aus, es beginnt eine neue Blockfrist, und es sind über 6 Monate KV-Beiträge gezahlt, damit müsste doch ein neuer Anspruch auf 1,5 Jahre Krankengeld entstehen? Jedenfalls dann, wenn zum Ende des ALG-1 wieder eine andauernde Arbeitsunfähigkeit vorliegt und bescheinigt wird, sowie keine Erwerbsminderungsrente bewilligt wurde (obwohl beantragt)?
Viele Fragezeichen??? - was sagen Experten dazu?
Christian Schultz
am 05.03.2024Dazu haben wir hier einen eigenen Beitrag veröffentlicht: https://www.sovd-sh.de/aktuelles/meldung/krankengeld-zweimal-ist-das-moeglich
Elke
am 04.03.2024Ich bin 64 Jahre, hab einen Aufhebungsvertrag geschlossen und beziehe derzeit ( seit Oktober letzten Jahres) Krankengeld. Ich gehe davon aus, dass das Krankengeld Zeiten für die Anwartschaft auf die Rente für Besonders Langjährig Versicherte bringt.
Allerdings habe ich Angst, dass die Krankenkasse (ich leide unter schwerer Depresion) mich zu einer Reha auffordern wird, damit sie nicht 1,5 Jahre Krankengeld bezahlen müssen. Würde ich 1,5 Jahre Krankengeld bekommen, könnte ich in Rente für besonders langfristig Versicherte gehen.
Haben Sie einen Rat vielleicht für mich?
Bereits jetzt ganz herzlichen Dank.
Christian Schultz
am 05.03.2024Grundsätzlich ist es so, wie Sie beschrieben haben. Der Bezug von Krankengeld wird bei der 45-jährigen Wartezeit angerechnet. Ich kann Ihnen aber nicht sagen, wie sich die Krankenkasse in den kommenden Monaten verhalten wird - das ist in jedem Fall anders. Falls es Probleme gibt, sollten Sie sich individuell beraten lassen.
Thomas
am 01.03.2024Sehr geehrter Herr Schultz,
ich verfolge seit langem Ihre analytischen und konstruktiven Beiträge. Ihr Verband kann stolz sein, so einen ambitionierten und kenntnisorientierten Mitarbeiter zu haben. Es entzieht sich meiner Kenntnis was Sie dort für eine Funktion begleiten, aber es beschleicht mich das Gefühl, daß Sie durchaus für etwas höher angesiedeltem, vielleicht sogar in der Politik befähigt sind.
Vielen Dank für Ihren Einsatz !
Sabine
am 01.03.2024Rente
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