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Nach Aussteuerung: Beantragt die Arbeitsagentur eine Reha in Ihrem Namen?

Aktuelles Rente Gesundheit

Aussteuerung bedeutet das Ende Ihres Krankengeldes. Das passiert nach längstens 78 Wochen. Im Anschluss bekommen die meisten Menschen Arbeitslosengeld. Und in einigen Fällen geht es nun erstmal in die Reha.

Nach Aussteuerung: Beantragt die Arbeitsagentur eine Reha in Ihrem Namen?

Ob die Arbeitsagentur Sie nach dem Ende des Krankengeldes in die Reha schickt, hängt von einer entscheidenden Frage ab: Bekommen Sie das Arbeitslosengeld nach der sogenannten "Nahtlosigkeitsregelung"? Oder müssen Sie sich zumindest für die Galerie offen für neue Jobangebote melden - obwohl eigentlich noch ein Arbeitsvertrag besteht und Sie schon seit Ewigkeiten krank sind?

Die Frage lautet also: Nahtlosigkeit? Ja oder nein?

Was bedeutet die Nahtlosigkeitsregelung?

Wenn das Krankengeld demnächst erschöpft ist, müssen Sie sich bei der Arbeitsagentur melden. In der Regel werden Sie zwei Monate vor diesem Ereignis - also, vor der Aussteuerung - angeschrieben. Das ist dann auch der richtige Zeitpunkt für die Meldung beim Arbeitsamt.

Sie reichen also Ihre Unterlagen ein und müssen einige Dokumente ausfüllen. Darunter auch Formulare über Ihren Gesundheitszustand. Denn - Sie melden sich ja in einer besonderen Situation bei der Arbeitsagentur: In der Regel haben Sie nicht Ihren Job verloren, sondern das Krankengeld endet bald. Und Sie können immer noch nicht wieder arbeiten. Deswegen möchte die Agentur für Arbeit mehr über Ihre Gesundheit erfahren.

Das Ganze wird dann vom Medizinischen Dienst im Arbeitsamt geprüft. In aller Regel nach Aktenlage. Das bedeutet: Sie werden nicht von einem Amtsarzt einbestellt. Wichtig sind in diesem Fall die Berichte Ihrer Ärzte - also Hausarzt oder Fachärzte - und Unterlagen aus anderen Institutionen. Also zum Beispiel von der Pflegekasse oder von Reha-Aufenthalten.

"Können Sie mehr oder weniger als 15 Stunden in der Woche arbeiten? Darauf kommt es bei der Nahtlosigkeitsregelung an."

Christian Schultz, SoVD Schleswig-Holstein

Ob Sie das Arbeitslosengeld nun unter dem Dach der Nahtlosigkeitsregelung beziehen dürfen, hängt von einer konkreten Frage ab: Beträgt Ihr restliches Leistungsvermögen mehr oder weniger als 15 Stunden in der Woche? Oder noch einfacher: Können Sie mindestens 15 Stunden in der Woche arbeiten? Also drei Stunden am Tag?

Falls ja, greift die Nahtlosigkeitsregelung NICHT. Falls doch, bekommen Sie einen weiteren Fragebogen von der Arbeitsagentur. Und das Arbeitslosengeld fließt im Rahmen dieser Nahtlosigkeitsregelung.

Sie selbst entscheiden übrigens nicht, wie viel Sie noch arbeiten können. Das wird der Ärztliche Dienst beim Arbeitsamt festlegen - auf Basis der Arzt- und Reha-Berichte.

Antrag zur Reha ist Pflicht

So, beginnen wir kurz mit dem Szenario, in dem die Nahtlosigkeitsregelung NICHT greift.

a) Keine Nahtlosigkeit

Wie wir bereits wissen, sagt der Ärztliche Dienst der Arbeitsagentur: Sie können 15 Stunden oder mehr pro Woche arbeiten. Sie sind also nicht krank genug, um Arbeitslosengeld unter dem Mantel der Nahtlosigkeitsregelung zu beziehen.

Um jetzt trotzdem nicht ohne Geld dazustehen, gehen Sie bitte nicht zum Jobcenter. Nein, Sie haben Anspruch auf Arbeitslosengeld. Sie müssen kein Bürgergeld beantragen. Auch wenn es Ihnen der Sachbearbeiter in der Arbeitsagentur noch so oft weismachen will.

Ihr Weg zum Arbeitslosengeld führt über den Satz: "Im Rahmen meiner Möglichkeiten stelle ich mich dem Arbeitsmarkt zur Verfügung." Und zwar in Vollzeit, das ist wichtig. Uns ist bewusst, dass Sie beim ersten Lesen an einen Denkfehler glauben. Denn Sie haben wahrscheinlich noch einen gültigen Arbeitsvertrag. Und krank sind Sie auch noch.

Trotzdem: Ohne Nahtlosigkeitsregelung ist das Ihr einziger Weg zum Arbeitslosengeld. Vorsicht übrigens beim Thema Krankschreibung - dazu lesen Sie am besten diesen Beitrag.

b) Mit Nahtlosigkeitsregelung

Falls der Gutachter beim Arbeitsamt zu dem Schluss kommt, dass Sie weniger als 15 Stunden pro Woche arbeiten können, sind Sie in der Nahtlosigkeitsregelung.

Sie bekommen nun weitere Unterlagen zum Ausfüllen und Unterschreiben. Und mit diesen Unterlagen erklären Sie sich dazu bereit, eine Reha bei der Deutschen Rentenversicherung (DRV) zu beantragen.

Warum? Weil im Rahmen dieser Maßnahme festgestellt werden soll, ob Sie Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung haben.

Rente wegen Erwerbsminderung

Wenn Sie dauerhaft - also länger als sechs Monate - nicht arbeiten können, erhalten Sie eine EM-Rente. Ihr restliches Leistungsvermögen muss unter drei Stunden pro Tag liegen. Und zwar in allen Jobs, die man sich so vorstellen kann. Was Sie zuvor beruflich geleistet haben, spielt an diesem Punkt keine Rolle. Außerdem muss eine bestimmte Wartezeit erfüllt sein.

In der Reha werden deshalb verschiedene Untersuchungen und Arztgespräche stattfinden. Und am Ende wird ein Entlassungsbericht erstellt, der unter anderem Auskunft darüber gibt, ob Sie mehr oder weniger als 15 Stunden in der Woche (also drei pro Tag) arbeiten können.

Beim Feststellen der Nahtlosigkeitsregelung MUSS die Arbeitsagentur diesen Weg gehen. Es MUSS eine Reha beantragt werden. Auch wenn Sie erst vor wenigen Monaten auf Wunsch der Krankenkasse eine Kur absolviert haben. Der Antrag MUSS gestellt werden.

Und genau das wird über das zweiseitige Formular auf den Weg gebracht, das Sie von der Arbeitsagentur erhalten. Wir schreiben das deshalb so ausführlich, weil bei uns die Frage aufgekommen ist: "Moment mal, ich habe gar keinen Reha-Antrag abgeschickt. Das muss das Arbeitsamt in meinem Namen gemacht haben!"

Ohne Ihre Unterschrift geht hier gar nichts. Aber mit dem Ausfüllen und Unterzeichnen des Dokuments zur Nahtlosigkeitsregelung machen Sie den Weg für den Reha-Antrag frei. Das ist nichts Schlimmes. Die Arbeitsagentur MUSS diesen Weg gehen. So will es das Gesetz.

Wie lange Sie nun Anspruch auf Arbeitslosengeld haben, hängt in dieser Situation vor allem von Ihrem Alter ab. Aber nicht nur. Mehr zu dieser Frage finden Sie in diesem Beitrag.


Kommentare (5)

  • user
    B.Wanger
    am 30.08.2024

    Seit Januar 2024 bin ich in der Nahtlosigkeitsregelung.

    Nach Aufforderung durch die Bundesagentur und Gebehmigung durch den Rententräger habe ich nun eine Rehabilitation absolviert.

    Im Entlassungsbericht steht arbeitsunfähig wegen einer aktuell aufgetretenen medizinischen Erkrankung. Zu der ursprünglichen langanhaltenden psychischen Erkrankung steht im Bericht , dass ich wieder arbeitsfähig bin . ( diese Meinung teile ich allerdings überhaupt nicht…) Empfehlung auf Wiedereingliederung nachdem die andere Krankheit beendet ist.

    Mein Arzt außerhalb der Reha hat mich nun weiter 4 Wochen krankgeschrieben.

    Wie verhält sich das jetzt mit derRentenversucherung? Wird jetzt trotzdem auf EU Rente geprüft?

    Besten Dank für eine Einschätzung.

    Grüße

    • user
      Christian Schultz
      am 30.08.2024

      Wahrscheinlich nicht, die Reha gibt ja eine andere Einschätzung. Warten Sie mal ab, was die Arbeitsagentur nun sagt. Sollte es Probleme geben, auf jeden Fall individuell beraten lassen.

  • user
    Sylvia Stömer
    am 29.08.2024

    Eigener Fall und weiß nicht weiter

    Folgende Kurzinformation:

    Ich bin 64 Jahre

    Nahtlosigkeitsregelung, erhalte ALG I bewilligt bis April 2026, Reha-Antrag wurde im Juni gestellt und an die AA weitergeleitet. Von der DRV Bayreuth erhielt ich jetzt ein Schreiben, dass der Antrag vom 21.8.2024 nach Berlin geschickt wurde.

    Da mir jetzt mein Psychiater Schwierigkeiten bei der Krankschreibung macht, stellt sich für mich die Frage, ob es nicht sinnvoll wäre, auf ärztlichen Rat ( mit entsprechenden Attest ) hin zu kündigen.

    Geht dies in meinem Fall?

    Würde mich sehr über eine Antwort freuen

    • user
      Christian Schultz
      am 29.08.2024

      Solche Fragen können wir hier im Forum nicht lösen, weil die jeweilige Situation immer besonders ist. Bitte lassen Sie sich individuell beraten.

  • user
    Claus Müller
    am 27.08.2024

    Ich berichte hier von einer Kuriosität, eigener Fall:

    Ich bin Jahrgang 1962, war vor meiner Erkrankung fest angestellt. Für mich galt/gilt 6 Wochen Lohnfortzahlung, 72 Wochen Krankengeld, 2 Jahre ALG-1.

    - Sommer 2023 REHA, von der DRV bezahlt. Ergebnis: Arbeitsunfähig entlassen, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter 3 Std. erwerbsfähig, Empfehlung auf volle EM-Rente.

    Oktober 2023 mein Krankengeld läuft aus, von Krankenkasse Aufforderung erhalten, mich bei Arbeitsagentur zu melden wegen Nahtlosigkeitsregelung.

    - Oktober 2023 Arbeitsagentur genehmigt Nahtlosigkeitsregelung, schaltet den eigenen medizinischen Dienst ein, ich erstelle den medizinischen Fragebogen, erhalte Aufforderung, einen EM-Rentenantrag zu stellen, .

    - Dezember 2023 DRV schickt mich zu einem Gutachter, zwecks Ermittlung der vollen EM-Rente.

    - Januar 2024 Ergebnis des DRV Gutachten liegt vor, keine EM-Rente für mich, Arbeitsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt über 6 Std! Ich lege keinen Widerspruch ein. Dieses Gutachten geht in Kopie an den medizinischen Dienst der Arbeitsagentur.

    - März Termin bei der Arbeitsagentur, erhalte Mitteilung die Nahtlosigkeitsregelung kann nicht fortgesetzt werden, da das Gutachen der DRV höher steht als der eigene medizinisch Dienst. Was tun? Die Arbeitsagentur befragt mich, ob ich gedenke, einen Altersrentenantrag zu stellen. Ich bejahe dieses, da ich im August 2025 63 Jahre alt werde und die 35 Jahre voll habe und einen GdB von 50% habe.

    - Alles super, sagt die Arbeitsagentur, Nahtlosigkeit wird beendet, ich stehe dem Arbeitsmarkt zur Verfügung, als "Fahrkarten-Kontrolleur", mein Arbeitsgesuch wird auf nicht veröffentlicht und nicht aktiv gestellt. Ich erhalte weiter ALG-1, ohne jede Aufforderung zu Bewerbungen, Trainingsmaßnahmen etc., bis zu Bewilligung der Rente mit 63 für Schwerbehinderte, maximal bis November 2025 (max. 2 Jahre ALG-1).

    Und hier nun die Kuriosität:

    - in der Nahtlosigkeitsregelung wird kein neuer Anspruch auf Krankengeld bei der Krankenkasse erworben.

    - in einem Fall wie dem meinen (angeblich auf dem Arbeitsmarkt verfügbar) wird aber sehr wohl ein neuer Krankengeldanspruch begründet, die Blockfrist läuft ab, und ich könnte statt den Rentenantrag zu stellen, ab Ende ALG-1 wieder Krankengeld beanspruchen!

    - Unglaublich, was passieren kann, statt mir die beantragte EM-Rente zu gewähren, entsteht ein Kettenanspruch (Krankengeld begründet auch einen neuen ALG-1 Anspruch, der begründet neuen Krankengeldanspruch usw.).

    - Mache ich aber nicht, ich stelle den Rentenantrag fristgerecht, wie angegeben und wie frühst möglich. e

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