Arbeitslos vor Rente = Abschlag?
Aktuelles Rente Armut
Kurz vor der Rente darf man nicht mehr arbeitslos werden? Sonst drohen empfindliche Abschläge auf die Rentenhöhe? Dieses Gerücht hält sich in deutschen Wohnzimmern hartnäckig. Aber was ist wirklich dran?
Der Bezug von Arbeitslosengeld kurz vor der Rente kann ein Problem sein. Vermutlich ist in diesem Umstand das gefährliche Halbwissen entstanden, dass man den Jobverlust vorm Ruhestand in jedem Fall vermeiden sollte.
Aber ganz so simpel ist es nicht. Wie müssen differenzieren.
Vorgezogene Rente nach 45 Versicherungsjahren
Richtig ist: Bei der Altersrente für besonders langjährig Versicherte ist es möglich, dass die Arbeitslosigkeit Ihnen Probleme bereitet. Allerdings nicht direkt durch Abschläge, sondern durch die fehlende Anerkennung als Wartezeit.
Konkret bedeutet das: Sie benötigen 45 Versicherungsjahre. Was dabei alles mitgezählt wird, können Sie dieser Übersicht entnehmen.
Sie sehen: Der Bezug von Arbeitslosengeld I wird bei den 45 Jahren angerechnet. Allerdings mit einer Ausnahme - nicht in den letzten 24 Monaten vor dem Beginn der Altersrente für besonders langjährig Versicherte. Mehr zu diesem wichtigen Punkt erfahren Sie in diesem Beitrag.
Wir reden hier aber ausschließlich über die Wartezeit. Ansonsten bekommen Sie natürlich trotzdem kurz vor der Rente ALG I, wenn Sie zuvor entsprechend lang eingezahlt haben.
Geld überweist Ihnen die Arbeitsagentur trotzdem. Auch Rentenbeiträge werden gezahlt, und zwar auf Basis von 80 Prozent Ihres letzten Einkommens.
Auch wenn Sie die 45 Versicherungsjahre beim Beginn der Arbeitslosigkeit bereits erfüllen, sind Sie beim Thema Wartezeit aus dem Schneider. Es geht bei der Altersrente für besonders langjährig Versicherte tatsächlich immer nur um die Komplettierung der 45 Jahre. Und hier sind nur die letzten 24 Monate vor dem Rentenstart problematisch.
Arbeitslosigkeit vor Regelaltersrente und anderen Rentenarten
Völlig unproblematisch ist der Jobverlust bei anderen Varianten der Altersrente. Etwa bei der Altersrente für langjährig Versicherte ("Rente mit 63") oder der Rente für Menschen mit Schwerbehinderung.
Hier werden lediglich 35 Versicherungsjahre verlangt, Arbeitslosigkeit zählt dabei in allen Formen mit. Sogar wenn Sie Bürgergeld beziehen, also das frühere "Hartz IV".
Falls Sie also Ihren Job kurz vor der Rente verlieren, drohen Ihnen per se erst einmal keine zusätzlichen Abschläge durch diese Tatsache. Ärgerlich ist nur, wenn Sie aufgrund der Arbeitslosigkeit die 45 Jahre verfehlen. Aber auch dann gibt es eine Lösung - schauen Sie mal hier rein.
"Falls Sie Ihren Job kurz vor der Rente verlieren, hat das erst einmal keine nennenswerten Auswirkungen auf Ihre Rentenplanung. Eine Ausnahme kann die 45-jährige Versicherungszeit sein. Ansonsten sollten Sie sich nicht allzu viele Sorgen machen."
Christian Schultz, SoVD Schleswig-Holstein
Fazit
Wenn wir Arbeitslosigkeit vor der Rente im Blick haben, gelten folgende Grundsätze:
- Beim Bezug von ALG I werden immer Rentenbeiträge gezahlt. Immer. Allerdings fallen diese geringer aus, als wenn Sie weiter gearbeitet hätten.
- Arbeitslosengeld I zählt immer bei der 35-jährigen Versicherungszeit mit. Genauso wie Bürgergeld (ehemals "Hartz IV")
- Bei der 45-jährigen Wartezeit zur Altersrente für besonders langjährig Versicherte wird ALG I ebenfalls angerechnet - allerdings nicht in den letzten 24 Monaten vor dem Rentenbeginn. Der Bezug von Bürgergeld wird hier überhaupt nicht berücksichtigt.
Abschläge speziell aufgrund der Arbeitslosigkeit fallen nicht an. Auch nicht bei der Regelaltersrente.
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Kommentare (12)
Hartmut Schulz
am 06.12.2023Hallo,
ich habe 46 Jahre und 4 Monate lückenlos in die Rentenkasse eingezahlt ( bis 31.12.2022).
Seit dem 01.01.2023 bin ich aus gesundheitlichen Gründen arbeitslos und beziehe ALG 1.
Ab dem 01.11.2024 kan ich ohne Abzüge in Rente gehen.
Werden in der Zeit in der ich jetzt arbeitslos bin für mich in die Rente eingezahlt?
Wenn ja, werden diese Zahlungen bei der Berechnung der Rentenhöhe berücksichtigt?
Vielen Dank.
VG
H.Schulz
Christian Schultz
am 08.12.2023Hallo Hartmut, beim Bezug von ALG I werden IMMER Beiträge in die Rentenkasse gezahlt. Auch Basis von 80 Prozent Ihres letzten Einkommens. Nur für die 45-jährige Wartezeit in der DRV zählen die letzten zwei Jahre vor dem Rentenbeginn nicht mit. Aber die haben Sie ja ohnehin schon erfüllt.
Toto
am 24.05.2023Hallo,
Folgende Frage
45 Arbeitsjahre erfüllt am 1.09.2024
Aufhebungsvertrag Unterschrieben mit bezahlter Freistellung von 31.12.2023 bis 30.06.2025 und bin dann 63 Jahre alt und ohne Arbeigeber
wenn ich jetzt in Rente gehe hätte ich einen Rentenabzug von 14,4 %.
Renteneintrittsalter meinerseits ohne Abzug von diesen 14,4 wäre 1.3.2027 fehlen mir noch 20 Monate Wartezeit.
Ich wollte die Zeit mit Krankengeld Überbrücken geht das ohne das ich mich Arbeitslos melden? Denn das Arbeitslosengeld ist ja niedriger als Krankengeld. ich war nie Arbeitslos und habe Anspruch auf 24 Monate Arbeitslosengeld und 76 Wochen Krankengeld
Christian Schultz
am 24.05.2023Hallo Toto,
nur damit ich Sie richtig verstehe: Sie möchten zum März 2027 ohne Abschlag in Rente gehen? Ohne Schwerbehinderung benötigen Sie dann die 45 Versicherungsjahre - die haben Sie ja im September 2024 voll. Danach ist egal, wie Sie die Zeit bis März 2027 überbrücken. Wenn ein Arzt Sie so lange krankschreibt, könnte man rund anderthalb Jahre Krankengeld beziehen. Und danach bis zu zwei Jahre ALG I. In der Praxis gibt es dann aber häufig Probleme mit der Krankenkasse.
Ich empfehle Ihnen in jedem Fall eine persönliche Beratung.
Thomas Jahn
am 22.05.2023Hallo,
Ich bin seit 1977 durchgehend in Arbeit, davon 42 Jahre bei der Bundeswehr als Arbeitnehmer. Musste nun leider einen Aufhebungsvertrag unterschreiben . Dadurch bin ich ab 01.12.2023 arbeitslos. 46 Jahre Arbeitszeithabe ich voll . Mir fehlen aber nun noch zwei Jahre bis meine Zeit voll ist (64jahre und 6 Monate).
Meine Frage: mit wieviel Verlust muss ich nun rechnen ?
Würde mich freuen eine Antwort zu bekommen.
Mfg. Thomas Jahn
Christian Schultz
am 22.05.2023Hallo Thomas, dann sind Sie vermutlich im Jahr 1961 geboren. Wenn Sie früher als mit 64 und 6 Monaten in die Altersrente wollen, setzt der Abschlag ab 66 und sechs Monaten an. Pro Monat 0,3 Prozent. Das wird also richtig teuer.
Weitere Infos über die Rente für Ihren Jahrgang finden Sie hier: https://www.sovd-sh.de/aktuelles/meldung/rente-mit-jahrgang-1961-diese-moeglichkeiten-haben-sie
Regina
am 21.05.2023Guten Tag,
ich bin 1963 geboren und habe von 1982-2000 Vollzeit gearbeitet. In den Jahren 2000 und 2002 habe ich zwei Kinder bekommen. Im Jahr 2012 habe ich wieder angefangen in Vollzeit zu arbeiten. Ich habe also selbst bisher 27 Jahre Rentenbeiträge gezahlt. Während der 12 Jahre meiner Kinderbetreuung habe ich nur reduziert gearbeitet und dementsprechend nur geringe Beiträge gezahlt. Ich war von 1998 bis 2011 verheiratet. Der Versorgungsausgleich wurde bei der Scheidung berücksichtigt. Abschlagsfrei darf ich am 01.06.2030 in Rente gehen.
Nun meine Fragen: wie werden die 12 Jahre Erziehungszeit in Hinblick auf die Wartezeit berücksichtigt? Welche Auswirkungen hat es auf meine Rente, wenn ich die letzten 2 Jahren vor Rentenbeginn Arbeitslosengeld beziehen würde? Für eine Antwort vielen Dank vorab.
Christian Schultz
am 22.05.2023Hallo Regina, das mit der Kinderbetreuung ist leicht zu beantworten: Die zählt sowohl bei der 35-jährigen als auch bei der 45-jährigen Wartezeit mit. Ob Sie die 45 Jahre zum geplanten Rentenbeginn erfüllen, können Sie Ihrer Rentenauskunft entnehmen. Die kommt automatisch per Post ab 55.
Wie sich Arbeitslosigkeit auswirkt, haben wir ja allgemein in dem Artikel oben geschildert. Wenn Sie eine individuellere Auskunft benötigen, müsste man das im Rahmen unserer Sozialberatung angehen: https://www.sovd.de/sozialverband/organisation/landes-und-kreisverbaende
Siegmund Lück
am 20.05.2023Rente
Heinz H. Schmalz-Markuse
am 20.05.2023Was passiert wenn ich als schwerbehinderte 1 oder 1.5 Jahre vorher arbeitslos werde
Christian Schultz
am 22.05.2023Für die Wartezeit ist das kein Problem. Denn Arbeitslosigkeit zählt bei den 35 Jahren immer mit. Aber natürlich werden dann weniger Rentenbeiträge gezahlt. Bei Bezug von Bürgergeld gar keine.
Christian Bracker
am 19.05.2023Sehr gut ????
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