Erwerbsminderung: Gesundheitlich ja, versicherungsrechtlich nicht - von wem bekomme ich Geld
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Wer von der Krankenkasse in die Reha geschickt wird, muss wissen: Dieser Antrag kann unter bestimmten Umständen in die Erwerbsminderungsrente führen. Doch was passiert mit Ihnen, wenn Sie zwar gesundheitlich reif für die EM-Rente sind, die erforderliche Wartezeit aber nicht erfüllen?
Wir haben bereits häufiger darüber berichtet: Wer während des Bezugs von Krankengeld von der Krankenkasse zur Reha aufgefordert wird, befindet sich in einer Zwickmühle. Einerseits müssen Sie mitspielen, andererseits sollten nun Ihre Alarmglocken anspringen. Denn je nach Ausgang dieser Maßnahme führt Ihr weiterer Weg dann in die Erwerbsminderungsrente. Mehr über dieses schwierige Thema finden Sie in diesem Beitrag.
In seltenen Fällen kann jedoch auch folgendes Szenario eintreten: Sie gehen in die Reha, und im Abschlussbericht heißt es, dass Sie voll erwerbsgemindert sind. Doch eine EM-Rente gibt es für Sie nicht. Denn Sie erfüllen nicht die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen.
Reif für die EM-Rente - aber trotzdem kein Geld
So selten ist es gar nicht, dass ein Antrag zur Erwerbsminderungsrente aus diesem Grund abgelehnt wird. Im Jahr 2019 fiel vor diesem Hintergrund mehr als jeder fünfte Antrag durch.
Dazu ein kleiner Exkurs ins Rentenrecht. Für eine Rente wegen voller Erwerbsminderungs müssen Sie zwei Voraussetzungen erfüllen. Der offizielle Gutachter der Deutschen Rentenversicherung (DRV) muss zunächst feststellen, dass Sie dauerhaft weniger als drei Stunden am Tag arbeiten können. Dauerhaft bedeutet, voraussichtlich länger als sechs Monate. Und das Arbeiten bezieht sich auf alle Jobs, die man sich so vorstellen kann.
Zusätzlich müssen Sie jedoch auch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllen. Um es zu vereinfachen, sprechen wir hier gern von der 5-5-3-Regel. Sie müssen mindestens fünf Jahre in der DRV versichert sein. Und in den letzten fünf Jahren, bevor Sie erwerbsgemindert waren, brauchen Sie auf Ihrem Rentenkonto wenigstens 36 Monate Pflichtbeitragszeit. Also drei Jahre.
Schauen Sie dazu gern noch einmal dieses Video.
Wenn es um die EM-Rente geht, müssen Sie also immer beide Komponenten im Blick haben - Ihre gesundheitliche Situation sowie den Blick auf Ihr Rentenkonto.
EM-Rente aus dem Krankengeld
Kommen wir zurück zu unserer Ausgangsfrage: Sie beziehen Krankengeld. Die Krankenkasse schickt Sie in die Reha, Sie müssen den Antrag also stellen. Und im dortigen Entlassungsbericht heißt es nun, dass Sie dauerhaft erwerbsgemindert sind.
Wenn Sie außerdem die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllen, läuft es auf die Erwerbsminderungsrente hinaus. Hat die Krankenversicherung zuvor das "Gestaltungsrecht" eingeschränkt, haben Sie gar keine andere Wahl. Doch für den Fall, dass Sie an der 5-5-3-Regel scheitern - wer sichert nun Ihr finanzielles Auskommen? Muss die Krankenkasse dann weiterhin Krankengeld zahlen?
Nein, das muss sie nicht. Denn Sie sind nicht erwerbsfähig, müssten eigentlich eine Rente beziehen. Für dieses Szenario ist das Krankengeld nicht vorgesehen. Genau aus diesem Grund war es der Krankenkasse ja auch ein Anliegen, Sie in die Reha zu schicken.
Versicherungsrechtliche Voraussetzungen nicht erfüllt: Wer muss jetzt zahlen?
Die Krankenkasse ist also raus aus der Gleichung. Eine Erwerbsminderungsrente erhalten Sie aus den oben genannten Gründen auch nicht. Aber wer kommt nun für Ihre laufenden Ausgaben auf?
Wenden Sie sich bitte umgehend an das Amt für Grundsicherung. Mancherorts heißt die Behörde auch noch Sozialamt - auf jeden Fall können Sie hier Grundsicherung beantragen. Dabei handelt es sich um eine Sozialleistung auf dem Niveau von Arbeitslosengeld II. Umgangssprachlich könnte man die Grundsicherung auch "Hartz IV für Rentner und kranke Menschen" betiteln. Zumindest wird mit dieser Bezeichnung klar, worum es geht. Ein Leben auf "Hartz-IV-Niveau".
Fazit
Wenn Sie von der Krankenkasse in die Reha geschickt werden, kommt es nur selten vor, dass Sie die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zur EM-Rente nicht erfüllen. Denn häufig kommen Sie aus einem längeren Arbeitsverhältnis und haben anschließend Krankengeld bezogen. All das zählt in der Rente als Pflichtversicherungszeit. Doch natürlich ist das Leben bunt - und es gibt andere Fälle.
Sie erfüllen die medizinischen Voraussetzungen, nicht aber die rentenrechtlichen? Dann sollten Sie sich zunächst einmal persönlich beraten lassen. Zum Beispiel beim SoVD. Denn vielleicht wurde doch irgendwo etwas übersehen. Und Sie gehören trotzdem in die Erwerbsminderungsrente. Falls wirklich kein Zweifel besteht und auch kein alternativer Weg gangbar ist, bleibt nur noch die Grundsicherung.
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Kommentare (13)
Lara
am 20.11.2023Hallo
ich bin voll erwerbsunfähig, Rente wurde wegen fehlender 6 Monate versich.Zeiten abgelehnt. Ich habe bis Nov.2023 Rente gezahlt, den EU Antrag im Mai 2023 eingereicht, das sind bei 5 Jahren 50 Monate die ich gezahlt habe, die Rentenversicherung nimmt aber als Beginn den April 2022, das war mein erster Krank tag laut Krankenschein. Allerdings steht auf den Krankenscheinen vom Arzt nicht die Krankheit weshalb ich Rente beantragt habe. Kann der Rententräger da trotzdem den Tag des ersten Krankenscheines als beginn nehmen? Vor zwei Jahren hatte ich wegen der gleichen Krankheit schon mal Rente beantragen müssen, da wurde es abgelehnt weil ich nicht erwerbsunfähig bin und jetzt sagen sie bei gleicher Krankheit das ich voll erwerbsunfähig bin
Was kann ich machen? Kann ich z.B. einen Minijob annehmen um weitere Beiträge zu bezahlen und nach einen Jahr nochmal einen Antrag stellen wird das da wieder zurück datiert? Oder lehnt man es ab weil ich ja schon als voll erwerbstätig eingestuft wurde? Ich weiß nicht wie ich mich verhalten soll.
Christian Schultz
am 20.11.2023Hallo Lara, das muss man sich im Detail anschauen. Grundsätzlich können Sie erst einmal Beiträge zahlen und später noch einmal einen erneuten Versuch wagen. Aber ob das sinnvoll und realistisch ist, kann ich hier nicht beantworten.
Verena Kestar
am 05.02.2022Hallo ,
ich habe in Januar 2022 die befristete Erwerbsminderungsrente rückgängig zum 1.10.21 erhalten , mit Abschlag von 4,5%.Der Anspruch besteht bis zum 30.06.24(Regelaltersrente).Als Jahrgang 1958 mit 44 Jahre vollzeit Job , und mit 60% Schwerbehinderung habe ich Anspruch auf beitragsfreie Rente (ohne Abzüge) für Schwerbehinderung im Juni 2022 .Antrag auf Betriebsrente habe ich auch gestellt, was mit viel Abschlag zu rechnen ist. Meine Frage lautet: Soll ich wegen Erwerbsminderungsrente Widerspruch einzulegen ( habe nochZeit) und lieber Beitragsfreie Rente für Schwerbehinderung beantragen?Oder umwandeln? Krankengeld wird bis März bezahlt , und danach habe Recht auf ALG 1.Vielen Dank für Antwort ,Verena
Christian Schultz
am 06.02.2022Hallo Verena, so eine Frage kann man allgemein leider nicht beantworten. Ich empfehle Ihnen ein kostenloses Beratungsgespräch bei der Deutschen Rentenversicherung.
Florian Hümmer
am 02.02.2022Ich habe die Frage schon einmal gestellt. Aber es war in einem älteren Beitrag, ist wohl untergegangen
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Hallo Christian,
ich werde im Mai ausgesteuert, in meinem alten Beruf kann und darf ich nicht mehr arbeiten. Ich war 35 Jahre lang Busfahrer und bisher noch nie arbeitslos. Bin nur bis zur Aussteuerung "Berufsbezogen" arbeitunfähig. Ich werde in ca. 2 Jahren die Rente für Schwerbehinderte beantragen. Ich habe vor kurz vor der Aussteuerung und vor dem Antrag ALG 1, den Antrag zur EM-Rente abzugeben (wegen Nahtlosigkeit). Ein Zeitverzug der monitären Unterstützung spielt keine Rolle.
In deinem Buch (sehr empfehlenswert!) "Am Ende vom Krankengeld" habe ich darauf keine Antwort gefunden.
Ich habe deshalb drei Fragen:
1. Wenn der Amtsarzt (Arbeitsagentur) mich für keine 3 Stunden am Tag für arbeitsfähig hält (stehe dann gezwungenermassen dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung) und anschließend die Rentenversicherung eine EM-Rente trotzdem ablehnt, gibt es dann weiterhin noch ALG 1?
2. Wenn der Amtsarzt mich für 3 oder 6 Stunden arbeitstauglich sieht,
wieviel ALG 1 steht mir dann noch prozentual zu?
Oder bekomme ich gar nichts mehr?
3. Ist es besser beim ersten Gespräch i.d. Arbeitsagentur "Arbeitsfähig" zu sein oder ist es unschädlich, wenn die AU noch 1-2 Wochen darüber hinausgeht?
Vielen Dank
Florian
Christian Schultz
am 03.02.2022Hallo Florian, nach der Aussteuerung geht es erst einmal darum, ob Sie voraussichtlich länger als sechs Monate weiter krank sein werden. Das wird nach Aktenlage durch die Arbeitsagentur geprüft. Mehr zur Prüfung der Nahtlosigkeit hier: https://www.sovd-sh.de/aktuelles/meldung/nahtlosigkeit-wer-entscheidet-das-eigentlich
Nur wenn die Nahtlosigkeit abgelehnt wird, müssten Sie sich im Notfall dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stellen.
Wenn die Rentenversicherung feststellt, dass Sie Anspruch auf eine teilweise EM-Rente haben, könnten Sie noch das halbe ALG I zusätzlich beziehen.
Das mit der Krankmeldung wird erst zum "Problem", wenn die Nahtlosigkeit nicht greift. Mehr dazu hier: https://www.sovd-sh.de/aktuelles/meldung/nach-aussteuerung-wer-bekommt-jetzt-die-krankmeldung
Florian Hümmer
am 03.02.2022Danke Christian für die schnelle Rückmeldung.
Die Links kannte ich schon. Ich habe alle deine Beiträge ( & Kommentare) und Videos gesehen, hatte ja über ein Jahr nichts anderes zu tun :).
Leider bin ich auch jetzt nicht schlauer:
1. Wenn der Amtsarzt (für die Arbeitsagentur) mich für keine 3 Stunden am Tag für arbeitsfähig hält (stehe dann gezwungenermassen dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung, oder?) und anschließend die Rentenversicherung eine (Teil) EM-Rente trotzdem ablehnt, gibt es dann weiterhin noch ALG 1?
Das ist für mich die Kernfrage! Das muss doch in irgendeiner Arbeitsanweisung stehen.
Christian Schultz
am 04.02.2022Über die Frage der Erwerbsminderung entscheidet die Rentenversicherung. Die Arbeitsagentur prüft zunächst nur, ob Nahtlosigkeit angewendet werden soll - also voraussichtlich weitere sechs Monate arbeitsunfähig. Falls das so ist, werden Sie zu einer Reha bei der DRV aufgefordert - dort klärt sich dann, ob Sie reif für die Rente sind. Bis zu diesem Zeitpunkt gibt es ALG I.
Jürgen Stoll
am 01.02.2022Hatte im Jahr 2020 einen schlaganfall gehabt,leichter,
War 10 Tage im Krankenhaus, danach 3 Wochen Reha,
Bin 1960 geboren, habe 22 Jahre als Bäcker gearbeitet,
Danach kurierfahrer ,Arbeitslos,LKW Fahrer 14 Jahre,
Dann den schlaganfall,Krankengeld und jetzt
Arbeitslos, habe am 8.8.2020 Frührente beantragt,
Der antrag wurde nicht bewilligt weil ich noch sechs
Stunden arbeiten darf,liegt Netz bei Gericht
timmer heino
am 01.02.2022ich möchte den newsletter
Christian Schultz
am 03.02.2022Zum Newsletter können Sie sich hier anmelden: https://sovd-sh.us16.list-manage.com/subscribe?u=6adf8b4b2e749fc524bf83c84&id=0208e2a226
Margit Richter
am 01.02.2022Ich melde mich hiermit zum newsletter an. Stehe vor Reha und Erwerbsminderung.
Christian Schultz
am 03.02.2022Hallo Margit, zum Newsletter können Sie sich hier anmelden: https://sovd-sh.us16.list-manage.com/subscribe?u=6adf8b4b2e749fc524bf83c84&id=0208e2a226
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